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    „Was jetzt der Feldgraue singt, singt in seltener Einheit das gesamte deutsche Volk.“ – Das Soldatenlied als Sammelgegenstand

    Soldatenlieder haben das soldatische Leben und Erleben zum Inhalt und sind – im Gegensatz zu den offiziell verordneten Kampfliedern – Äußerungen, die ohne Einflussnahme „gewohnheitsmäßig, freiwillig“ gesungen wurden und in denen der Soldat ausdrückt, „was ihn bewegt und was er sonst nicht selbst sagen kann und mag“, so der Volkskundler John Meier (1916). Soldatenlieder hatten unterschiedliche Inhalte, die von patriotischen Appellen über den Kampfaufruf bis zu Klagen und Protesten reichten. Während des Ersten Weltkriegs entstanden umfangreiche Sammlungen, die aus patriotischen, aber auch aus volkskundlichem Interesse angelegt wurden.

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    „Hugo hat die verdammte Pflicht, den Tod fürs Vaterland nicht zu sterben, bevor ich meinen III. Akt habe.“ – Richard Strauss und der Erste Weltkrieg

    In einem Briefwechsel zwischen dem Komponisten Richard Strauss und seinem Librettisten Hugo von Hofmannsthal (bzw. dessen Frau Gerty) äußerten sich die beiden über den Ersten Weltkrieg teils in ironisch-sarkastischer, teils in patriotischer Form. Im Vordergrund stand jedoch bei Strauss meist weniger die Kommentierung des Zeitgeschehens als dessen Auswirkung auf seine persönlichen Befindlichkeiten.

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    Militarismus und Schrecken in Musik gesetzt

    Während Richard Strauss’ musikalische Produktion nach August 1914 scheinbar unbeeinflusst und unbeeindruckt von den Schrecken des Ersten Weltkrieges weiterging, lassen sich von der Musik Alban Bergs zwei große Verbindungslinien zum Krieg herstellen. 

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    „La Victoire en chantant“ – Das französische Chanson im Ersten Weltkrieg

    Il suffit d’ajouter ‚militaire’ à un mot pour lui faire perdre sa signification. Ainsi la justice militaire n’est pas la justice, la musique militaire n’est pas la musique.“ (Georges Clemenceau)
    („Es genügt, ‚militärisch’ an ein Wort zu hängen, damit es seine Bedeutung verliert. So, wie ‚militärische Gerechtigkeit’ nicht Gerechtigkeit bedeutet, ist ‚Militärmusik’ keine Musik.“)

    Wenig anders als in Österreich oder Deutschland zeigte sich das musikalische Leben in sonstigen Krieg führenden Staaten. Auch hier wurden Volkslieder zu Schlachtgesängen erhoben und die Musikschaffenden stellten sich überwiegend in den Dienst der patriotischen Sache.

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    Musikalische Innovationen im Ersten Weltkrieg

    Der Erste Weltkrieg bedeutete aus musikhistorischer Sicht keinen markanten Wendepunkt. Dieser fand einige Jahre zuvor mit der atonalen Musik statt und bedeutete für manche Zeitgenossen eine „Urkatastrophe“ der anderen Art. Der Krieg markierte eher einen Einbruch, da die großen Meisterwerke in diesen Jahren weitgehend ausblieben. Auch das Musikleben wurde innerhalb kürzester Zeit auf Kriegsdienst umgestellt, die Produktivität war insbesondere zu Kriegsbeginn, als es für die Musikschaffenden galt, ihren Beitrag zur Mobilisierung zu leisten, beträchtlich. Wenn es Neuerungen gab, so kamen diese in erster Linie durch technische Entwicklungen und die Folgeerscheinungen des Krieges zustande.

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    Komponistenschicksale: Krieg, Tod, Sehnsucht nach Frieden und Verarbeitung

    Auch wenn es sich um eine kleine Minderheit handelt: Die Tatsache, dass viele künstlerische Talente das Kriegsende nicht erlebten, weil sie auf den Schlachtfeldern starben, wird meist verdrängt. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Musik. Andere verarbeiteten ihre Kriegserlebnisse in ihren Kompositionen.

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    Komponistenstars und der „Große Krieg“

    Fast alle der Komponisten aus den am Krieg beteiligten Ländern, die bereits vor Kriegsausbruch einen hohen Bekanntheitsgrad hatten, nahmen eine nationalistische, kriegsbejahende Haltung ein. Für einige bedeuteten die Kriegsjahre jedoch einen Schaffenseinbruch. Der Tod von vielen Bekannten und Freunden und bei manchen auch eigene Erlebnisse an der Front ließen die anfängliche Begeisterung bald schwinden. Die während der Kriegszeit entstandenen Kompositionen sind daher fast immer von der Kriegsstimmung geprägt. 

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    Der Erste Weltkrieg als „Erinnerungsort“

    Als „Erinnerungsort“ wurde der Erste Weltkrieg in Österreich und auch in Deutschland vom Gedenken an den Zweiten Weltkrieg und an den Holocaust überlagert. Im Zyklus der Jubel- und Gedenkjahre waren die Achter-Jahre (1918, 1938) stets präsenter als die „kleineren“ Vierer-Jahre (1914, 1934). Das Jahr 1918 markierte im historischen Gedächtnis Österreichs weniger das Ende des Ersten Weltkriegs als den Untergang der Monarchie und löste damit auch die endlosen Diskussionen um die Identität des einstigen Weltreiches aus, das durch die Pariser Vororteverträge zum Kleinstaat geworden war. 

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    Der Erste Weltkrieg als „Urkatastrophe“ – Narrative I

    Es existiert wohl kaum ein Schlagwort, das öfter im Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg genannt wird, als das Wort „Urkatastrophe“. Der Begriff geht auf den US-amerikanischen Diplomaten und Historiker George F. Kennan zurück, der 1979 von „the great seminal catastrophe“ gesprochen hatte. Die deutschsprachige Übersetzung als „Urkatastrophe“ ist inzwischen zum häufig gebrauchten Narrativ geworden, das zumeist dessen Herkunft, Bedeutung und vor allem Wirkung außer Acht lässt.

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    Vom „Pulverfass“ zum „Weltenbrand“ – Narrative II

    „Der Betrachter kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass im publizistischen Kampf um Auflage und Gehör diejenige Deutung begünstigt wird, welche die jeweils pointierteste und prägnanteste Epochenetikettierung hervorzaubert.“

     

    In Abhandlungen und in der Berichterstattung über den Ersten Weltkrieg tauchen immer wieder dieselben Begrifflichkeiten und Etikettierungen auf. Viele von ihnen sind eine Übernahme aus der Kriegszeit selbst oder aus den Jahren nach dem Krieg. Sie repräsentieren – großteils unreflektiert – eine Sicht, die dem heutigen Forschungsstand nicht mehr gerecht wird. Gleichzeitig schreiben sie Narrative fort, die aus gegenwärtiger Perspektive problematisch erscheinen.

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    „Lorbeer den des Lorbeers würdigen Soldaten“ – das Äußere Burgtor wird zum Heldendenkmal

    1660 errichtet, war das Burgtor ursprünglich Teil der Wiener Stadtbefestigung und ein heftig umkämpfter Ort während der zweiten „Türkenbelagerung“ im Jahr 1683. Nachdem das Tor von den Soldaten Napoleons 1809 gesprengt wurde, dauerte es 15 Jahre bis zu seiner Wiedererrichtung durch das Militär. Die Grundsteinlegung fand in Anwesenheit von Kaiser Franz I. 1821 statt. Die Eröffnung wurde auf den 16. Oktober 1824, den elften Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig, gelegt. An diesem Tag wurden im gemeinsamen „heldenhaften Kampf“ (Russland, Preußen, Schweden und Österreich) die Truppen Napoleons besiegt. 

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    Der „Siegfriedskopf“ in der Wiener Universität

    Der vom Bildhauer Josef Müllner im Auftrag der „Deutschen Studentenschaft“ geschaffene „Siegfriedskopf“ wurde im November 1923 zu Ehren von gefallenen Angehörigen der Universität im Ersten Weltkrieg in der Aula der Wiener Universität aufgestellt. Das Objekt ist seit Jahrzehnten umstritten, da durch Müllner und seine Auftraggeber eine antisemitische, deutschnationale und antiliberale Gesinnung in Verbindung zu bringen ist.

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    Der „einfache“ Soldat wird zum Held

    Vor dem Ersten Weltkrieg waren Denkmäler im militärischen Kontext ausschließlich hochgestellten Persönlichkeiten wie Feldherren und Generälen vorbehalten. Mit dem Krieg erfolgte hier ein Paradigmenwechsel: Nun wollte man mit Denkmälern auch an die „einfachen“ Soldaten erinnern und sie damit „ehren“. Den gefallenen Soldaten des Ersten (und später auch des Zweiten) Weltkriegs wurden Kriegerdenkmäler in vielen, auch sehr kleinen Ortschaften gewidmet.

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    Erinnerungstourismus: Reisen zu den Kriegsschauplätzen

    Das Hotel-Restaurant (...) bietet Ihnen angenehme Unterkünfte in der Nähe der Schlachtfelder von Verdun. Von hier aus sind die Gedenkstätte ‚Mémorial de Fleury’, die Festungen von Vaux und Douaumont, der Schützengraben ‚Tranchée des Baïonnettes’, das Beinhaus in Douaumont und die unterirdische Zitadelle leicht zu erreichen. Reizvolles Detail: Ruhe und Gelassenheit mitten in der Stadt, Hotel mit allem Komfort.“ (Tourismuswerbung)

    Die Besichtigung von Kriegsschauplätzen begann bereits während des Weltkriegs, als Mitglieder von Propagandainstitutionen, Journalisten und Fotografen an die Front reisten, um die dortigen Geschehnisse zu dokumentieren. Inzwischen ist der Gedenktourismus zum Geschäft geworden, das besonders in „runden“ Gedenkjahren Hochkonjunktur hat. So gehören die Schlachtfelder von Verdun zu den am stärksten frequentierten Orten in Lothringen. Ihre BesucherInnen steuern somit einen erheblichen Anteil an der Wirtschaftsleistung der Region bei.

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    Trennung der Ehepaare und sexuelle Mobilität im Ersten Weltkrieg

    Im Zuge des Ersten Weltkriegs kam es zu einer verstärkten Mobilität von Individuen. Millionen von Männern wurden an die Front berufen und so von ihren Familien und Ehefrauen getrennt. Die Separation der Ehepaare hatte gewichtige Folgen für Partnerschaften und Sexualverhalten.

     

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    Geburtenrückgang während des Ersten Weltkriegs

    Seit der Jahrhundertwende kam es in Mitteleuropa zu einem beträchtlichen Rückgang der Geburtenziffern. Aufgrund der sich rasant verschlechternden Versorgungslage während des Krieges nahm die Zahl der Neugeborenen zwischen 1914 und 1918 weiter ab.

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    „Die Mobilisierung der Wiegen“

    Die Zahl der Geburten nahm zwischen 1914 und 1918 rapide ab. Angesichts der Menschenverluste, die der Krieg forderte, rückte das reproduktive Verhalten der Kriegsbevölkerung ins Zentrum des nationalstaatlichen Interesses.

     

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    Zwischen staatlicher Kontrolle und gesellschaftlicher Ächtung

    Mit Ausbruch des Krieges gewannen komplementäre Geschlechtercharaktere erneut an Bedeutung. Dem Ideal des aktiven bzw. kampftauglichen Soldaten wurde das Bild der passiven, sich aufopfernden Mutter gegenübergestellt, das außereheliche Sexualkontakte von Frauen weitgehend stigmatisierte.

     

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    Zwischen Enthaltsamkeit und Bedürfnisbefriedigung

    Mit Ausbruch des Krieges kam es sowohl innerhalb der Armee als auch in der Zivilbevölkerung zu einem beträchtlichen Anstieg vor- bzw. außerehelicher Sexualkontakte. Das Militär befürchtete eine rasche Verbreitung von Geschlechtskrankheiten, weshalb das Sexualverhalten der Soldaten ins Zentrum militärischen Interesses rückte.

     

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    Geschlechtskrankheiten und deren Bekämpfung in der k. u. k. Armee

    Während des Ersten Weltkriegs kam es in allen beteiligten Armeen zu einem beträchtlichen Anstieg venerischer Erkrankungen. Vor Kriegsausbruch litten 5,6 % der österreichisch-ungarischen Soldaten an einer Geschlechtskrankheit, 1915 waren es bereits 12,2 %.

     

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    „Am Anfang widerstehe“

    Der Erste Weltkrieg führte zu einem beträchtlichen Anstieg nichtehelicher Sexualkontakte, worauf Regierende und Militärführer mit großer Besorgnis reagierten. Sie befürchteten eine rasche Verbreitung von Geschlechtskrankheiten und sahen die Wehrtüchtigkeit der Truppen gefährdet.
     

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    Zur sexuellen Entspannung der Soldaten

    Die Militärs der Krieg führenden Länder setzten im Kampf gegen die Verbreitung von Geschlechtskrankheiten auf recht unterschiedliche Strategien. Nicht alle zeigten sich von der Zweckmäßigkeit der Sittlichkeitserziehung überzeugt, weshalb sie die Reglementierung der Prostitution als alternative Methode propagierten.

     

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    Zwischen Vorbeugung und Strafandrohung

    Um der Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten innerhalb der Armee entgegenzuwirken, verfolgten die einzelnen Militärführer unterschiedliche Methoden.

     

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