„Die Österreichische Gesellschaft der Friedensfreunde“ – eine nur kurze Geschichte?

Der Anfang September 1891 in der Neuen Wiener Presse erschienene Artikel Bertha von Suttners mit dem Titel „Der nächste Friedenskongress in Rom“ gilt als Geburtsstunde der Österreichischen Friedensbewegung.
 

Auf Bertha von Suttners Aufruf in der Neuen Freien Presse trafen, so die Historikerin Laurie Cohen, im Laufe eines Monats 2.000 positive Antworten sowie 2.000 Kronen an Spendengeldern ein, womit die Teilnahme einer österreichischen Delegation beim dritten Weltfriedenskongress in Rom gewährleistet werden sollte.

Darüber hinaus führte dieser Aufruf zur Gründung der Österreichischen Gesellschaft der Friedensfreunde (ÖFG), die sich, so die Statuten, als eine „rein humanitäre Gesellschaft konstituierte. Ihre Präsidentin wurde Bertha von Suttner, die diese Funktion bis zu ihrem Tod am 21. Juni 1914 ausübte.

Als erste Mitglieder traten der Gesellschaft vor allem Freunde und Bekannte von Bertha und Arthur von Suttner bei, darunter Vertreter der Politik, der Literatur und der Wissenschaft, wie der Schriftsteller Peter Rosegger, der Publizist Leopold Katscher, Fürst Alfred Graf von Wrede, Wilhelm Exner, u.v.m.

Das vorrangige Ziel der ÖFG war es, in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass ein dauerhafter Frieden notwendig sei und dies durch eine zwischenstaatliche Schiedsgerichtsbarkeit zur friedlichen Lösung von Konflikten erreicht werden könnte. Diese Ziele sollten vor allem durch die Veröffentlichung von Druckschriften, öffentliche Vorträge und die Teilnahme an internationalen Konferenzen erreicht werden. Als wichtigstes Publikationsorgan der ÖFG fungierte die Zeitschrift Die Waffen nieder! Monatsschrift zur Förderung der Friedensidee, die von Bertha von Suttner redigiert und von Alfred H. Fried verlegt wurde.

Während die Österreichische Friedensgesellschaft zu Beginn ihrer Tätigkeit an die 2.000 Mitglieder hatte, wuchs diese Zahl in den darauffolgenden Jahren nur sehr langsam. Dennoch entstanden im Jahr 1894 die ersten Ortsgruppen in Triest und Baden und ein Jahr später, 1895, wurde die ungarische Friedensgesellschaft als Friedensgesellschaft der Länder der heiligen Stephanskrone (ungarisch: Magyar Szent Korona Országainak Békeegyesülete) in Budapest gegründet.

Trotz dieser Entwicklungen musste Bertha von Suttner schon bald feststellen, dass die Entwicklung der ÖFG nicht den von ihr gewünschten Verlauf nahm. Die Mitgliederzahlen blieben weit hinter den Erwartungen ihrer Präsidentin zurück und das Interesse und aktive Eintreten für die Ideen der Friedensbewegung schien eher einem kurzen „Strohfeuer“ denn einer anhaltenden Glut zu entsprechen. In den Jahren vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges blieben die Aktivitäten der Österreichischen Friedensgesellschaft daher eher auf Formalitäten beschränkt. Suttners Enttäuschung über das Scheitern einer Einbindung in die internationale Friedensorganisation ließ sie 1913 sogar an einen Rücktritt als Präsidentin denken. Enttäuscht war sie auch darüber, dass sich die Friedensbewegung nicht wie die Frauen- oder Arbeiterbewegung zu einer Bewegung aus dem Volk entwickelte.

Bertha von Suttner starb am 21. Juni 1914 während der Vorbereitungen zum geplanten 21. Weltfriedenskongress, der Mitte September desselben Jahres in Wien stattfinden sollte, jedoch durch den Kriegsausbruch verhindert wurde. In einem Nachruf, der in der Friedens-Warte erschien, hieß es: „Seitdem es für uns Lebende eine Friedensbewegung gibt, seitdem der Kampf um sie an der Jahrhundertwende neu entbrannt ist, war die große Bewegung verquickt mit ihrem Namen, verquickt mit ihrer Persönlichkeit. Sie waren so innig eins miteinander geworden, die Bewegung und die Frau, daß die Bezeichnung für beide beinahe synonym geworden ist. Bertha von Suttner war das lebende Symbol der Bewegung, (…).“

 

Bibliografie 

Cohen, Laurie R. (Hrsg.): „Gerade weil Sie eine Frau sind …“ Erkundungen über Bertha von Suttner, die unbekannte Friedensnobelpreisträgerin, Wien 2005

Gütermann, Christoph: Die Geschichte der österreichischen Friedensbewegung 1891-1985, in: Rauchensteiner, Manfried (Hrsg.): Überlegungen zum Frieden, Wien 1987, 13-132

Hamann, Brigitte: Bertha von Suttner – Ein Leben für den Frieden, München 2002

Kovács, Henriett: Die Friedensbewegung in Österreich-Ungarn an der Wende zum 20. Jahrhundert, Mitteleuropäische Studien II, herausgegeben von Binder, Dieter A./Kastner, Georg/Suppan, Arnold, Herne 2009

 

Zitate:

„Geburtsstunde der Österreichischen Friedensbewegung": Gütermann, Christoph: Die Geschichte der österreichischen Friedensbewegung 1891-1985, in: Rauchensteiner, Manfried (Hrsg.): Überlegungen zum Frieden, Wien 1987, 19

„Auf Bertha von Suttners Aufruf …“: Zahlenangaben, zitiert nach: Cohen, Laurie R. (Hrsg.): „Gerade weil Sie eine Frau sind …“ Erkundungen über Bertha von Suttner, die unbekannte Friedensnobelpreisträgerin, Wien 2005, 59

„rein humanitäre“: zitiert nach: Cohen, Laurie R. (Hrsg.): „Gerade weil Sie eine Frau sind …“ Erkundungen über Bertha von Suttner, die unbekannte Friedensnobelpreisträgerin, Wien 2005, 60

„Als erste Mitglieder traten …“: Cohen, Laurie R. (Hrsg.): „Gerade weil Sie eine Frau sind …“ Erkundungen über Bertha von Suttner, die unbekannte Friedensnobelpreisträgerin, Wien 2005, 63

„Während die Österreichische Friedensgesellschaft …“: Zahlenangaben, zitiert nach: Cohen, Laurie R. (Hrsg.): „Gerade weil Sie eine Frau sind …“ Erkundungen über Bertha von Suttner, die unbekannte Friedensnobelpreisträgerin, Wien 2005, 66

„Dennoch entstanden im Jahr 1894 …“: Gütermann, Christoph: Die Geschichte der österreichischen Friedensbewegung 1891-1985, in: Rauchensteiner, Manfried (Hrsg.): Überlegungen zum Frieden, Wien 1987, 31-32

„Strohfeuer“: zitiert nach: Kovács, Henriett: Die Friedensbewegung in Österreich-Ungarn an der Wende zum 20. Jahrhundert, Mitteleuropäische Studien II, herausgegeben von Binder, Dieter A./Kastner, Georg/Suppan Arnold, Herne 2009, 89

„[…] ließ sie 1913 sogar an einen Rücktritt …“: Kovács, Henriett: Die Friedensbewegung in Österreich-Ungarn an der Wende zum 20. Jahrhundert, Mitteleuropäische Studien II, herausgegeben von Binder, Dieter A./Kastner, Georg/Suppan Arnold, Herne 2009, 89

„Seitdem es für uns Lebende …“: Alfred H. Fried (Hrsg.): Die Friedens-Warte für zwischenstaatliche Organisation, (1914), Jg. XVI., Heft 1, 242

Inhalte mit Bezug zu diesem Kapitel

Aspekt

  • Aspekt

    Nein zum Krieg

    Je länger der Krieg dauerte, desto mehr Stimmen wurden laut, die „Nein“ zum Krieg sagten. Dazu gehörten sowohl Vertreterinnen und Vertreter der österreichischen Friedensbewegung und Frauenbewegung als auch Teile der österreichisch-ungarischen Bevölkerung. Sie wurden im Verlauf des Konfliktes immer „kriegsmüder“, was sich in Streikbewegungen und Hungerkrawallen ebenso äußerte wie im Phänomen der Massendesertionen von Frontsoldaten am Ende des Krieges.

Personen, Objekte & Ereignisse

  • Person

    Alfred Hermann Fried

    Alfred Hermann Fried gründete 1899 die bis heute erscheinende Zeitschrift Die Friedens-Warte und wurde für seine Friedensaktivitäten 1911 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

  • Person

    Bertha von Suttner

    Bertha von Suttner, die als erste Frau den Friedensnobelpreis erhielt (1905) ist bis heute die bekannteste Figur der österreichischen Friedenbewegung. Sie veröffentlichte den erfolgreichen Roman Die Waffen nieder und war bis zu ihrem Tod die Präsidentin der Österreichischen Friedensgesellschaft.

  • Objekt

    Für den Frieden

    Abgebildet auf der 1000-Schilling-Note ist Bertha von Suttner, die bis heute wohl bekannteste Vertreterin der österreichischen Friedensbewegung. Während des Ersten Weltkriegs gab es viele Personen und Gruppierungen, die ihrem Beispiel folgten und gegen den Krieg und für den Frieden eintraten. Obwohl ihr Einfluss gering blieb, war ihr „Ja“ zum Frieden gerade vor dem Hintergrund der vorherrschenden und kontrollierenden Zensur ein besonders mutiges Engagement gegen den Krieg.