Friede und Kirche – oder „Du sollst nicht töten“!

Pazifisten, die ihre Kritik an Militarismus und Krieg religiös begründeten, traten in der Habsburgermonarchie erstmals im Ersten Weltkrieg und danach in Erscheinung.
 

Der in Deutschland geborene und in Graz arbeitende Theologe und Priester Max Josef Metzger wurde durch eigene Erfahrungen und Erlebnisse an der Front – er war während der ersten beiden Kriegsjahre als Divisionspfarrer an der Westfront eingesetzt – früh zum Pazifisten. In Graz, wo er lebte und arbeitete, widmete er sich ab 1915 der Friedensarbeit, die sich auch publizistisch äußerte. So verfasste er einen Friedensruf an die Völker, dessen Veröffentlichung und Verbreitung jedoch von der Zensur verboten wurde. Zwei Jahre später arbeitete er ein zwölf Punkte umfassendes Friedensprogramm aus, das er an Papst Benedikt XV. schickte. In diesem, so der Historiker Franz-Michael Gansriegler, forderte er ein Ende des Wettrüstens und die Herbeiführung der „internationalen Gerechtigkeit“. Daneben gründete Max Metzger 1917 den Weltfriedensbund vom Weißen Kreuz, aus dem nach Kriegsende die Internationale Katholische Liga hervorging, und gab die Zeitschrift Friedensherold heraus.

Ähnlich wie Max Metzger wurde auch der katholische Moraltheologe und Priester Johannes Ude durch seine Kriegserfahrungen und Kriegserlebnisse als Sanitäter früh zum aktiven Kriegsgegner. Ab dem Jahr 1917 begann er als Grazer Universitätsprofessor für Dogmatik und Philosophie in seinen Predigten die Ideen des Friedens und des Antimilitarismus zu verbreiten. Ein Jahr später erschien seine Schrift Kanonen oder Christentum?, in der er sich gegen den Nationalismus und Militarismus der Zeit wandte und jegliches Töten ablehnte. In einem von ihm (mündlich) überlieferten Zitat hieß es dazu: „Ich persönlich verteidige schon seit dem Ersten Weltkrieg in Wort und Schrift die These, daß das göttliche Tötungsverbot ‚Du sollst nicht töten‘ ausnahmslos gelte und daher der gesamte Militarismus als im Gegensatz zum Evangelium Christi stehend gebrandmarkt und als schwerstes Verbrechen gegen die gesamte Schöpfung verurteilt werden muß.“

Auch Papst Benedikt XV., dessen Pontifikat durch den Ersten Weltkrieg und dessen Auswirkungen gekennzeichnet und geformt wurde, organisierte mehrere Versuche, die Krieg führenden Mächte von der Notwendigkeit einer Beendigung der Kämpfe und von der Aufnahme von Friedensverhandlungen zu überzeugen. In diesem Zusammenhang formulierte er bereits kurz nach seinem Amtsantritt im September 1914 ein erstes Schreiben mit dem Titel Ubi primum. Ein Jahr später adressierte er mit der Schrift Exhortatio erneut die im Krieg beteiligten Völker.

Am 1. August 1917 wurde die Friedensnote Benedikts XV. Dès le début veröffentlicht. Darin trat der Papst als neutraler Repräsentant und Mittler auf, der alle Krieg führenden Mächte dazu aufrief, Friedensverhandlungen zu führen. Für deren möglichst rasche Herbeiführung forderte er ein Ende der allgemeinen Militärrüstung sowie eine internationale Schiedsgerichtsbarkeit zur friedlichen Konfliktvermeidung und -lösung.

 

 

Bibliografie 

Die Friedensbewegung. Organisierter Pazifismus in Deutschland, Österreich und der Schweiz, hrsg. von Holl, Karl/Donat, Helmut, Düsseldorf 1983, Lemmata: Max Josef Metzger, 272–273.

Die Friedensbewegung. Organisierter Pazifismus in Deutschland, Österreich und der Schweiz, hrsg. von Holl, Karl/Donat, Helmut, Düsseldorf 1983, Lemmata: Johannes Ude, 391–392.

Gansriegler, Franz-Michael: Friede im Dialog, in: Manfried Rauchensteiner (Hrsg.): Überlegungen zum Frieden, Wien 1987, 133–235.

Rotte, Ralph: Die Außen- und Friedenspolitik des Heiligen Stuhls. Eine Einführung, Wiesbaden 2007

Schlott, René: Die Friedensnote Papst Benedikts XV. vom 1. August 1917. Eine Untersuchung zur Berichterstattung und Kommentierung in der zeitgenössischen Berliner Tagespresse, Hamburg 2007

 

Zitate:

„internationalen Gerechtigkeit“: zitiert nach: Gansriegler, Franz-Michael: Friede im Dialog, in: Manfried Rauchensteiner (Hrsg.): Überlegungen zum Frieden, Wien 1987, 204

„Ich persönlich verteidige ...“: Max Metzger, zitiert nach: Gansriegler, Franz-Michael: Friede im Dialog, in: Manfried Rauchensteiner (Hrsg.): Überlegungen zum Frieden, Wien 1987, 205

Inhalte mit Bezug zu diesem Kapitel

Aspekt

  • Aspekt

    Nein zum Krieg

    Je länger der Krieg dauerte, desto mehr Stimmen wurden laut, die „Nein“ zum Krieg sagten. Dazu gehörten sowohl Vertreterinnen und Vertreter der österreichischen Friedensbewegung und Frauenbewegung als auch Teile der österreichisch-ungarischen Bevölkerung. Sie wurden im Verlauf des Konfliktes immer „kriegsmüder“, was sich in Streikbewegungen und Hungerkrawallen ebenso äußerte wie im Phänomen der Massendesertionen von Frontsoldaten am Ende des Krieges.

Personen, Objekte & Ereignisse

  • Person

    Max Josef Metzger

    Max Josef Metzger war katholischer Theologe und Priester, der durch seinen Einsatz an den Fronten des Ersten Weltkriegs zum überzeugten Pazifisten wurde. Er wurde 1944 unter dem nationalsozialistischen Regime zum Tode verurteilt und hingerichtet.

  • Objekt

    Für den Frieden

    Abgebildet auf der 1000-Schilling-Note ist Bertha von Suttner, die bis heute wohl bekannteste Vertreterin der österreichischen Friedensbewegung. Während des Ersten Weltkriegs gab es viele Personen und Gruppierungen, die ihrem Beispiel folgten und gegen den Krieg und für den Frieden eintraten. Obwohl ihr Einfluss gering blieb, war ihr „Ja“ zum Frieden gerade vor dem Hintergrund der vorherrschenden und kontrollierenden Zensur ein besonders mutiges Engagement gegen den Krieg.