Zur Genese der politischen Parteien

Staatsrechtliche Voraussetzungen und die Politisierung der Massen

In der politischen Kultur der österreichisch-ungarischen Monarchie kam es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu grundlegenden Veränderungen. Mit dem Februarpatent von 1861 und der Verabschiedung der Dezemberverfassung von 1867 wurde die Basis für eine politische Partizipation breiterer Bevölkerungsschichten geschaffen. Das im selben Jahr erlassene Vereinsgesetz, das die Gründung politischer Vereine ermöglichte, bot die Voraussetzung für die Mobilisierung bzw. Politisierung der Massen. Aufgrund des bis 1896 geltenden Zensuswahlrechts waren die mittellosen Bevölkerungsgruppen jedoch weiterhin von der Teilnahme an der politischen Partizipation und Repräsentation ausgeschlossen. In den 1880er Jahren kam es zur Herausbildung der großen Lager, der Sozialdemokraten, der Christlichsozialen und der Deutschnationalen, deren gemeinsamer Ursprung in der Opposition zum regierenden Liberalismus zu suchen ist. Sie repräsentierten einen völlig neuen Parteientypus, der über eine durchgängige Organisation und breite Basis innerhalb der Bevölkerung verfügte. Die Einführung des allgemeinen, direkten, gleichen und geheimen Männerwahlrechts im Jahr 1907 ermöglichte zunächst allen männlichen Staatsbürgern die Teilhabe am politischen Entscheidungsprozess.