Obwohl der Kinematographie eine immer größere wirtschaftliche Bedeutung zukam, mangelte es lange Zeit an einer einheitlichen Regelung der Bedingungen und Inhalte der Filmvorführungen. Konflikte zwischen Behörden, „moralisch“ besorgten Zuschauerinnen und Zuschauern sowie Kinematographenbetreibern blieben daher nicht aus.

Auch das neue Gewerbegesetz des Jahres 1907 ignorierte das Kinowesen, das weiterhin unter die Bestimmungen des Vagabunden- und Schaustellergesetzes des Jahres 1836 fiel. Erst im Jahr 1912 wurde eine eigens auf kinematographische Betriebe konzipierte Verordnung erlassen, die das Kino nun letztlich als autonome Unterhaltungsform betrachtete.

Bei der Zulassung der präsentierten Inhalte griff man mitunter auf ein Theatergesetz aus dem Jahr 1850 oder auf ein Dekret des Jahres 1852 zurück, das sich gegen die Darstellung unsittlicher Handlungen richtete. Ein Einschreiten der Behörden erfolgte vor allem dann, wenn es zu Anzeigen seitens aufgebrachter Bürgerinnen und Bürger kam, die sich allen voran an „anrüchigen und schamlosen“ Darbietungen stießen. Ab 1898 erfolgte eine laufende lokale Überprüfung der Filme, wobei jeweils ein Polizist während der Vorführungen anwesend zu sein hatte.

Die Zunahme der kinematographischen Darbietungen erforderte aber letztlich ein neues Reglement. 1907 wurde in Wien die erste „überörtliche Vorzensur“ eingerichtet, die es der Polizei ermöglichte, Vorführungen vorab zu unterbinden. Filmmaterial konnte im Zuge einer eingebrachten Anzeige sogar vernichtet werden. Ab 1909 wurden auch Filmbegleittexte und Werbematerialien polizeilich geprüft. Trotzdem eine Verordnung des Ministeriums des Inneren im Einvernehmen mit dem Ministerium für öffentliche Arbeiten im Jahr 1912 empfahl, den Zensurentscheidungen der Wiener Behörden zu folgen, etablierten sich in der Monarchie schließlich weitere Zensurbüros. So gab es regionale Filmzensurstellen in Linz, Innsbruck, Graz, Salzburg, Klagenfurt, Triest, Zara, Prag, Brünn, Lemberg, Laibach, Troppau und Czernowitz.

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges erfolgte eine Verschärfung der politisch motivierten Zensur. Filme mit militärischen und politischen Inhalten wurden nun oftmals verboten. Im Dezember 1914 untersagte ein behördlicher Runderlass die Vorführung von Filmen aus „feindlichen Staaten“. Bereits importierte Streifen aus dem „Feindesland“ konnten aber unter Auflagen gespielt werden: Das Firmenzeichen wie auch Hinweise auf das Produktionsland mussten entfallen. 1915 richtet man im k. k. Kriegsarchiv ein Zensuramt ein, das alle als militärisch eingestuften Filme auf Inhalt und politische Gesinnung überprüfte.

Am 30. Oktober 1918 wurde auf Beschluss der provisorischen Nationalversammlung die Zensur aufgehoben. Auf die Filmzensur traf dies allerdings nicht zu, sie wurde weiterhin betrieben. Ihre Vereinheitlichung blieb auch in der Ersten Republik Thema, eine Lösung wurde auch in dieser Periode nicht gefunden. Die Bundesländer wollten ihre diesbezüglichen Kompetenzen nicht aufgeben.

Bibliografie 

Ballhausen, Thomas: Geschnitten, Verboten, Vernichtet. Notizen zur österreichischen Filmzensurgeschichte bis 1938, in: Biblos 51 (2002), 203-214

Ballhausen, Thomas/Caneppele, Paolo (Hrsg.): Die Filmzensur in der österreichischen Presse bis 1938, Wien 2005

Inhalte mit Bezug zu diesem Kapitel

Personen, Objekte & Ereignisse

  • Objekt

    Überwachung & Kontrolle

    Der Alltag in der Habsburgermonarchie war von Propaganda, Überwachung und Kontrolle gekennzeichnet. Die vielen „weißen“ Flecken in den Tageszeitungen zeugen davon ebenso wie Eingriffe in private Briefe und Telegramme. Gleichzeitig wurde durch Bild, Text und Ton versucht, ein einheitliches und kriegsbejahendes Stimmungsbild zu verbreiten. Ausgeschlossen davon waren nicht einmal die jüngsten Bewohner des Reiches; auch die Schulen der Monarchie wurden zu Orten der staatlichen Einflussnahme.