Die im Auftrag der Filmstelle des Kriegspressequartiers gedrehten Aufnahmen hatten mehrere Aufgaben zu erfüllen: Sie sollten den Krieg an sich stützen sowie den Truppeneinsatz, die Behandlung der Kriegsgefangenen, „den kulturellen Zustand der Monarchie“, die Volksernährung, die Kriegsindustrie, „die landschaftlichen Schönheiten der Monarchie“ und das Kaiserhaus bestmöglich in Szene setzen.

Die „visuelle Berichterstattung“ hatte aber nicht nur die gegenwärtig wirksame Propaganda im In- und Ausland zu betreiben, sie war zudem dazu gedacht, „für die Zukunft jenes Material bereitzustellen“, das die Geschichtsschreibung, aber auch die Kunst „zur nachträglichen Verherrlichung der kriegerischen Großtaten“ benötigte. Man dachte also bereits an die filmische Aufbereitung und Darstellung des Krieges in Friedenszeiten, wobei an einem siegreichen Ende des Konflikts nicht gezweifelt wurde.

Das filmische Propagandamaterial war einerseits dazu bestimmt, in der Heimat und bei den eigenen Soldaten den Zusammenhalt sowie den Glauben an die Monarchie und den erfolgreichen Ausgang des Krieges zu stärken. Andererseits sollte das Image Österreich-Ungarns im neutralen und verbündeten Ausland sowie in den besetzten Gebieten gehoben werden. Dabei setzte man auf die Präsentation militärischer, ökonomischer und kultureller Leistungen und hoffte auf diesem Weg, sich langfristig strategische und wirtschaftliche Vorteile zu schaffen. Gezielt kamen österreichisch-ungarische Produktionen in den Niederlanden, der Schweiz, in Norwegen, Schweden, Dänemark, Rumänien, auf dem Balkan, in der Türkei und zu Beginn auch in den USA zum Einsatz.

Um die Verbreitung der Filme und deren Aufführung zu sichern, wurde seitens des Kriegspressequartiers eine gezielte Pressearbeit, eine „beharrliche Einflussnahme auf die Leihanstalten“ sowie eine intensive direkte Bewerbung der k. u. k. Laufbilder bei den Kinounternehmen angeordnet. Etwaige „erforderliche Schmierungen des Apparates“ hatte man einkalkuliert. Keinesfalls sollten die Filme in neutralen Staaten auf öffentlichen Plätzen vorgeführt werden, da mögliche Gegenstimmen, Diskussionen, laute Proteste oder gar Gewalttätigkeiten zu vermeiden waren. Die Vorstellungen hatten einzig in geschlossenen Räumen stattzufinden, in denen „die Aufmerksamkeit und das Interesse auf die Bilder konzentriert“ bliebe. Über den Einsatz und den Erfolg oder Misserfolg der Filmpropagandamittel mussten militärische Vertreter dem Kriegspressequartier regelmäßig berichten.

Hinsichtlich der Wirkungskraft der österreichisch-ungarischen Aufnahmen lagen unterschiedliche Einschätzungen vor. Während man in den Niederlanden die „kurzen und minderen Laufbilder“ aus Österreich-Ungarn beanstandete, kam aus der Schweiz die Meldung, dass die heimischen Filme sich beim Publikum großer Beliebtheit erfreuten und als „die schönsten ihrer Art“ empfunden wurden. Besonders euphorisch gestalteten sich die Berichte aus der asiatischen Türkei, wo vor allem Aufnahmen der österreichisch-ungarischen Oberbefehlshaber sowie Kriegsfilme zum Einsatz kamen und beim Publikum (laut diverser Berichterstatter) auf besonders großes Interesse gestoßen waren. Das Kriegsbündnis, welches das Osmanische Reich mit Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich eingegangen war, dürfte die positive Reaktion der Bevölkerung mitbeeinflusst haben. Die Wochenschau berichtete entsprechend über die „Kriegskundgebung der Bevölkerung bei der Fatih-Moschee“ (D 1914) in Konstantinopel.

Bibliografie 

Mayer, Klaus: Die Organisation des Kriegspressequartiers beim k. u. k. AOK im Ersten Weltkrieg 1914–1918, Diss., Wien 1963

Schmölzer, Hildegund: Die Propaganda des Kriegspressequartiers im Ersten Weltkrieg 1914–1918, Diss., Wien 1965

Inhalte mit Bezug zu diesem Kapitel

Personen, Objekte & Ereignisse

  • Objekt

    Kriegsgefangenschaft

    Im Mai 1916 schickt Anton Baumgartner eine Kriegsgefangenenpostkarte an seinen Sohn Otto im Gefangenenlager Nowo Nikolajewsk in Sibirien (heute Nowosibirsk). Otto Baumgartner ist nur einer von hunderttausenden Soldaten, die sich im Ersten Weltkrieg in feindlichem Gewahrsam befanden. Gemessen an der Gesamtstärke der jeweiligen Armeen geriet jeder dreizehnte Reichsdeutsche, jeder zehnte Franzose und Italiener, jeder fünfte Angehörige des zarischen Heeres und schließlich fast jeder Dritte der habsburgischen Streitkräfte im Laufe der Kampfhandlungen des Krieges in Gefangenschaft.

Entwicklungen

  • Entwicklung

    Der Habsburgermythos – Die Dynastie vor und nach 1918

    Die Dynastie Habsburg-Lothringen bildete das ideologische Fundament der Habsburgermonarchie, denn die Existenz des Vielvölkerstaates ist in erster Linie als Produkt der dynastischen Geschichte des Herrscherhauses zu verstehen.