Der Erste Weltkrieg intensivierte den Einsatz und die Akzeptanz neuer Propagandamedien. Auf allen Ebenen wurde für die Kriegsmaschinerie geworben. Die Organisation der filmischen Propaganda oblag in Österreich-Ungarn ab 1914 der Filmstelle des Kriegspressequartiers.

„Die Bedeutung des Kinos ist von Jahr zu Jahr gestiegen. Die Zahl der Kinotheater nimmt zu, der Fassungsraum wird vergrößert und die finanzielle Lage der breiten Schichten des Publikums fördert den Besucherstrom. Ein guter Film gelangt heute in mehr als 3000 Kinotheater zur Vorführung und wird im ganzen von 10-12,000.000 Menschen gesehen, woraus klar erhellt, dass der Film über jedes andere Propagandamittel gestellt werden darf. Kein anderes setzt den Staat so sehr in die Lage, auf die breiten Massen einzuwirken, wie der Film.“

Oberst Wilhelm Eisner-Bubna, der ab März 1917 dem Kriegspressequartier vorstand, hat mit dieser Stellungnahme die Neupositionierung des Mediums Film als Propagandamittel klar auf den Punkt gebracht. Der Kinobesuch war „dem Volk zur Gewohnheit geworden“, trug unschätzbare „Aufklärungs- und Belehrungsmöglichkeiten“ in sich und sollte über die Einrichtung einer eigenen Filmstelle im „militärischen, vaterländischen und patriotischen Sinn“ gesteuert werden.

In diesem Sinne wurde die Filmstelle 1914 als eine Abteilung des Kriegspressequartiers eingerichtet. Zu ihren Aufgabenbereichen zählte die Aufstellung von Kinoexposituren. Diese Filmtrupps setzten sich aus wehrpflichtigen Kinofachleuten zusammen, die an der Front wie auch im Etappenraum und im Hinterland Propagandaaufnahmen zu drehen hatten. Des Weiteren wurden in der Abteilung ein kinematographisches Laboratorium eingerichtet sowie alle erzeugten Streifen einer Zensur unterzogen.

Zur Umsetzung und vor allem Bearbeitung der gewünschten Filmaufnahmen bedurfte es qualifizierter und erfahrener heimischer Produktionsfirmen. Schließlich schloss man entsprechende Verträge mit der „Sascha-Filmfabrik“ und der „Österreichisch-ungarischen Kinoindustriegesellschaft“ ab. Auch zwei Budapester Firmen konnten für die Produktion gewonnen werden. Die Leitung der Dienststelle wurde im November 1915 Alexander Kolowrat-Krakowsky übertragen, 1917 ging diese Funktion an den gleichfalls filmisch erfahrenen Hauptmann Hans Otto Löwenstein.

Die Filmstelle hatte den Auftrag, folgende Propagandaaufnahmen zu erzeugen: 1. Eine wöchentlich erscheinende Kriegswochenschau, 2. Monatlich mindestens einen großen künstlerisch gearbeiteten Kriegsfilm, 3. Monatlich mindestens einen 300–400 Meter langen Kriegsfilm, der die Tätigkeit in einem Kriegsgefangenenlager oder besetzten Gebiet zeigt, 4. Aufnahmen aus der Kriegsindustrie und aus der Landwirtschaft, 5. Propagandadramen oder Lustspiele.

Präsentiert wurden die propagandistisch ausgerichteten Filme im regulären Kinobetrieb, in Varietés und Vergnügungslokalen an der „Heimatfront“, in festen Kinotheatern und mittels Wanderkinoeinrichtungen im neutralen und verbündeten Ausland sowie „zur Zerstreuung und Auffrischung des Geistes der Truppen“ in den eigens eingerichteten Feldkinos („Ein k. u. k. Feldkino-Zug während des Ersten Weltkrieges“, A 1917).

Bibliografie 

Mayer, Klaus: Die Organisation des Kriegspressequartiers beim k. u. k. AOK im Ersten Weltkrieg 1914–1918, Diss., Wien 1963

Schmölzer, Hildegund: Die Propaganda des Kriegspressequartiers im Ersten Weltkrieg 1914–1918, Diss., Wien 1965

Inhalte mit Bezug zu diesem Kapitel

Personen, Objekte & Ereignisse

  • Person

    Alexander (Sascha) Kolowrat-Krakowsky

    Der Filmpionier Alexander Kolowrat-Krakowsky übernahm 1915 die Leitung der Filmstelle im Kriegspressequartier. Damit wurde sein 1910 gegründetes Unternehmen „Sascha-Filmfabrik“ zur zentralen Filmproduktionsstätte Österreich-Ungarns.

  • Objekt

    Überwachung & Kontrolle

    Der Alltag in der Habsburgermonarchie war von Propaganda, Überwachung und Kontrolle gekennzeichnet. Die vielen „weißen“ Flecken in den Tageszeitungen zeugen davon ebenso wie Eingriffe in private Briefe und Telegramme. Gleichzeitig wurde durch Bild, Text und Ton versucht, ein einheitliches und kriegsbejahendes Stimmungsbild zu verbreiten. Ausgeschlossen davon waren nicht einmal die jüngsten Bewohner des Reiches; auch die Schulen der Monarchie wurden zu Orten der staatlichen Einflussnahme.