Nach der Eroberung feindlichen Territoriums übernahmen fast überall Militärverwaltungsbehörden der Mittelmächte die Regierungs- beziehungsweise Verwaltungsfunktionen, wobei der jeweilige Gouverneur oder Kommandant zum „Regierungschef“ avancierte. Grundsätzlich war zwischen befreundeten und feindlichen Okkupationsgebieten zu unterscheiden, tatsächlich aber dominierte überall die Generalität der „Invasoren“. Lediglich die unterste Administrationsebene verblieb größtenteils im Verfügungsbereich der Einheimischen.
Beim Einmarsch gingen die Österreicher und ihre Verbündeten keineswegs zimperlich mit der lokalen Bevölkerung um. Standrechtliche Exekutionen und Internierungen von „Unzuverlässigen“ beziehungsweise „Verdächtigen“ waren keine Seltenheit.
Argwöhnisch standen einander indes auch die Entscheidungsträger in Wien, Budapest und Sofia gegenüber. Ungarns Ministerpräsident reklamierte Serbien für sich, während die k. u. k. Militärs eine südslawische Union unter kroatischer Führung anstrebten. Die Rivalitäten führten dann auch zu einem Streit um die Besetzung des Gouverneurspostens und des Zivillandeskommissärs in dem von Österreich-Ungarn okkupierten Serbien. Der übrige Teil wurde indes Bulgarien zugeteilt, das letztlich auf eine Annexion der hinzugewonnenen Gebiete abzielte. Um die betreffenden Landstriche kam es weiters wiederholt zu Zwistigkeiten zwischen den Bündnispartnern, woraufhin der bulgarische Generalgouverneur sogar die Weisung ausgab, notfalls gegen k. u. k. Soldaten von der Waffe Gebrauch zu machen.
Zeitgleich setzten sich die Rivalitäten zwischen dem Armeeoberkommando und den Budapester Regierungskreisen hinsichtlich der weiteren Besatzungspolitik fort. Ebenso problematisch blieb außerdem die Beziehung zwischen der lokalen Bevölkerung und den Mittelmächten. Letztere versuchten die eroberten Regionen – Serbien, Montenegro, Albanien, aber auch Rumänien – zusätzlich wirtschaftlich auszunutzen. Widerstände der Ortsansässigen waren die Folge und – damit nicht selten verknüpft – ein niemals völlig kontrollierbares „Bandenwesen“.
Neben den Gouvernements Serbien und Montenegro galt das auch für das befreundete, allerdings speziell aus der Sicht von Berlin und Wien über keinen adäquaten Staatsapparat verfügende Albanien. Hinzu kam, dass in diesem Gebiet aufgrund der Frontnähe ein k. u. k. Korpskommando zuständig blieb. Der albanischen Bevölkerung gestand man daher staatsbürgerliche Grundrechte nur insofern zu, als sie mit den militärischen Befugnissen und Erwägungen vereinbar waren.
Knezevic, Jovana Lazic: The Austro-Hungarian occupation of Belgrade during the First World War: battles at the home front, New Haven 2006
Scheer, Tamara: Zwischen Front und Heimat. Österreich-Ungarns Militärverwaltungen im Ersten Weltkrieg, Frankfurt am Main 2009
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Kapitel
- Ausblendung der Balkanfront
- Der Krieg vor dem Krieg
- Sarajewo und die Julikrise
- Ethnischer Konflikt und Brutalisierung der Kämpfe
- Ernüchterung der Militärs – Die gescheiterte „Strafexpedition“
- „Erfolge der Bündnispartner“
- Die Besatzungsregimes in verschiedenen Regionen
- Rumäniens Kriegseintritt und Niederlage gegen die Mittelmächte
- Griechenland an der Seite der Entente
- 1918 - Der Friede zwischen Rumänien und den Mittelmächten
- Konsequenzen des Krieges auf dem Balkan