Franz Joseph und Franz Ferdinand – ein gespanntes Verhältnis
Die Beziehung zwischen Franz Joseph und seinem Neffen Franz Ferdinand, der nach dem Tod Kronprinz Rudolfs zum Thronfolger wurde, war alles andere als von Harmonie und Vertrauen geprägt.
Die Beziehung zwischen Franz Joseph und seinem Neffen Franz Ferdinand, der nach dem Tod Kronprinz Rudolfs zum Thronfolger wurde, war alles andere als von Harmonie und Vertrauen geprägt.
Dass Karl, ein Großneffe Franz Josephs, Kaiser wurde, ist mehreren dramatischen Schicksalswendungen zu verdanken. Bei der Geburt Karls 1887 konnte noch niemand ahnen, dass er einst die Kaiserwürde übernehmen sollte: Denn damals war der einzige Sohn Franz Josephs, Kronprinz Rudolf, der logische Thronfolger.
Gegen Ende des Jahrhunderts wurde für die Politik Kaiser Franz Josephs der Begriff des „Fortwurstelns“ geprägt. Die politischen Entscheidungsträger sahen sich außer Stande, Lösungen für die brennenden Probleme zu finden.
Pangermanismus, Panslawismus oder der italienische Irredentismus – gemeinsam war all diesen nationalen Ideologien das Verlangen nach Zusammenführung mit den jeweiligen Konationalen und die Vereinigung in einem idealerweise ethnisch „reinen“ Staat, wodurch die ersehnte nationale Vollkommenheit erzielt werden sollte.
Die in der Habsburgermonarchie übliche Definition der čechoslavischen Nation umfasste die Sprecher slawischer Idiome in Böhmen, Mähren und Oberungarn. Diese wurden als Einheit gesehen, wie auch in den amtlichen Aufstellungen der sprachlichen Verhältnisse ersichtlich war, wo Tschechen und Slowaken zumeist gemeinsam erfasst wurden.
Der Austroslawismus als ideologisches Programm der Slawen unter habsburgischer Herrschaft sah im österreichischen Kaiserstaat den optimalen politischen Rahmen für die Existenz der slawischen Völker Zentraleuropas. Gefordert wurden eine Umformung der Monarchie in ein föderalistisches Staatsgebilde und die Gleichberechtigung der österreichischen Slawen, um deren freie Entfaltung zu gewährleisten.
Die Utopie einer Vereinigung aller Slawen, die in der panslawistischen Sichtweise als eine einzige Nation verstanden wurden, diente den kleineren slawischen Völkern Zentraleuropas als anfängliche Stütze für ihre nationalen Emanzipationsbestrebungen, während die Deutschen und Magyaren darin die Horrorvision vom „Untergang im slawischen Meer“ zu erkennen glaubten.
Antisemitismus war nicht nur ein Phänomen der deutschsprachigen politischen Szene der Habsburgermonarchie. Auch unter den anderen Nationalitäten Zentraleuropas hatte die Judenfeindschaft eine unheilvolle Tradition.
Die rumänische Sprachgruppe hatte im Zeitalter der Nationalismen mit zahlreichen Benachteiligungen zu kämpfen. Das Fehlen einer sozialen und ökonomischen Führungsschicht führte zu einer verspäteten Nationswerdung. Die nationale Emanzipation aus der politischen Bevormundung durch anderssprachige Eliten war daher stark von sozialen Forderungen durchwoben.
Die irredentistischen Tendenzen der Rumänen der Doppelmonarchie gingen mit der Emanzipation Rumäniens aus osmanischer Oberherrschaft einher. Die wechselhafte Beziehung zwischen Rumänien und Österreich-Ungarn ist ein Schulbeispiel für die Verquickung von Innen- und Außenpolitik angesichts der komplizierten ethnischen Verhältnisse in Südosteuropa.