Flucht nach vorne
Um 1900 kam es zu einem Generationswechsel in der politischen Führung. Der alte Kaiser zog sich zunehmend aus der Tagespolitik zurück und wurde immer mehr auf eine Symbolfigur reduziert.
Um 1900 kam es zu einem Generationswechsel in der politischen Führung. Der alte Kaiser zog sich zunehmend aus der Tagespolitik zurück und wurde immer mehr auf eine Symbolfigur reduziert.
Um die Jahrhundertwende erlebte die österreichisch-ungarische Monarchie eine Blütezeit auf dem Gebiet der Kunst und der Wissenschaften, während das Land gleichzeitig von scheinbar unlösbaren sozialen und nationalen Konflikten erschüttert wurde. Unter der schillernden Oberfläche laborierte das Habsburgerreich an einer tiefen Krise.
Zar Nikolaus II. prägte angesichts des unaufhaltsamen Zerfalls des Osmanischen Reiches im 19. Jahrhundert das Bild vom „kranken Mann am Bosporus“. Ein weiteres Großreich in der Krise war Österreich-Ungarn.
Der Kanon der Großmächte, wie er im Wiener Kongress (1814/15) im Sinne der Gleichgewichtspolitik festgelegt wurde, bekam gegen Ende des 19. Jahrhunderts deutliche Risse. In Europa hatte sich das Machtgefüge verschoben.
Die Klassengesellschaft der Habsburgermonarchie war von strengen Hierarchien geprägt. Es herrschten enorme Unterschiede zwischen Arm und Reich. Angehörige verschiedenster gesellschaftlicher Gruppen sowie Frauen generell standen in existenziellen sozialen und ökonomischen Abhängigkeitsverhältnissen.
Der Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn bildete einen mehr oder weniger stabilen Rahmen für die Koexistenz einer Vielzahl nationaler Gemeinschaften.
Die viel beschworene „Einheit in der Vielfalt“ wurde in der Realität von zahlreichen Ungleichheiten überschattet. Dies zeigte sich vor allem im unterschiedlichen Ausmaß, in dem einzelne Sprachgruppen an der politischen und ökonomischen Macht beteiligt waren.
Österreich-Ungarn war ein äußerst vielfältiges Staatsgebilde. Eine ‚Bestandsaufnahme’ der Habsburgermonarchie am Vorabend des Ersten Weltkriegs zeigt eine Großmacht im Niedergang. Soziale und politische Probleme sowie die alles überschattenden Nationalitätenstreitigkeiten rüttelten an den Fundamenten des Reiches. Jedoch stellte die Monarchie auch einen enorm lebendigen Kulturraum dar, dessen Vielfalt sich als befruchtend auf kulturellem Gebiet erwies, wo das Reich der Habsburger trotz der politischen Stagnation eine Blütezeit durchlebte.