„Viribus unitis“ oder Völkerkerker?
Der Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn bildete einen mehr oder weniger stabilen Rahmen für die Koexistenz einer Vielzahl nationaler Gemeinschaften.
Die viel beschworene „Einheit in der Vielfalt“ wurde in der Realität von zahlreichen Ungleichheiten überschattet. Dies zeigte sich vor allem im unterschiedlichen Ausmaß, in dem einzelne Sprachgruppen an der politischen und ökonomischen Macht beteiligt waren.
Diese Ungleichheiten wurden von den benachteiligten Nationalitäten zunehmend in Frage gestellt, während die bisher dominanten Nationalitäten energisch ihre Privilegien verteidigten. Als Folge davon bestimmte die Nationalitätenfrage das politische Geschehen, was zu einer Destabilisierung der Monarchie führte.
Als multiethnisches Großreich und buntes Mosaik von historischen Kronländern galt die Habsburgermonarchie im Zeitalter des Nationalismus in den Augen vieler als ein zum Scheitern verurteiltes Relikt der dynastischen Geschichte der Habsburger. Als gegen Ende des Krieges die Weichen für eine Neuordnung Europas gestellt wurden, lag das Ziel der politischen Eliten der einzelnen Nationalitäten Zentraleuropas in der Bildung eigener Nationalstaaten.