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Thema Das Ende des Krieges
„An Meine getreuen österreichischen Völker!“ – Das Völkermanifest Kaiser Karls
Im Oktober 1918 wurde klar, dass die Verhandlungen der kaiserlichen Regierung mit den Abgeordneten des österreichischen Reichsrates und Vertretern der Nationalitäten erfolglos bleiben werden. Kaiser Karl veröffentlichte daraufhin am 16. Oktober einen Aufruf mit einer Einladung zu einer völligen Neustrukturierung der österreichischen Monarchie.
„An Meine getreuen österreichischen Völker!
Seitdem Ich den Thron bestiegen habe, ist es mein unentwegtes Bestreben, allen Meinen Völkern den ersehnten Frieden zu erringen sowie den Völkern Österreichs die Bahnen zu weisen, auf denen sie die Kraft ihres Volkstums, unbehindert durch Hemnisse und Reibungen zur segensreichen Entfaltung bringen und für ihre geistige und wirtschaftliche Wohlfahrt erfolgreich verwenden können. Das furchtbare Ringen hat das Friedenswerk bisher gehemmt. (...) Österreich soll dem Willen seiner Völker gemäß zu einem Bundesstaate werden, in dem jeder Volksstamm auf seinem Siedlungsgebiete sein eigenes staatliches Gemeinwesen bildet. (...) Diese Neugestaltung, durch die die Integrität der Länder der Heiligen ungarischen Krone in keiner Weise berührt wird, soll jedem nationalen Einzelstaate seine Selbständigkeit gewährleisten.“
Diese unter der Bezeichnung „Völkermanifest“ bekannte Initiative betonte die Absicht des Kaisers, die österreichische Reichshälfte in einen Bundesstaat mit weitreichender Autonomie für die nationalen Gruppen umzuwandeln – ein Angebot, das jedoch viel zu spät kam. Auch wurde die ungarische Reichshälfte dezidiert ausgenommen, obwohl gerade dort die Nationalitätenproblematik angesichts der forcierten Magyarisierungspolitik der ungarischen Regierung besonders virulent war.
Dieses verspätete Angebot zur Föderalisierung des Habsburgerreiches wurde von den nationalen Volksvertretungen in der Folge nicht mehr als Einladung zur Reform der Monarchie wahrgenommen, sondern als Möglichkeit, die eigene Zukunft selbstbestimmt zu gestalten, wobei die Option eines Austritts aus der Monarchie immer realistischer wurde. Karls Manifest beschleunigte somit ungewollt den Zerfall der Staatsmacht der Monarchie.
Bihl, Wolfdieter: Der Erste Weltkrieg 1914–1918. Chronik – Daten – Fakten, Wien/Köln/Weimar 2010
Gottsmann, Andreas (Hrsg.): Karl I. (IV.), der Erste Weltkrieg und das Ende der Donaumonarchie, Wien 2007
Leidinger, Hannes/Moritz, Verena/Schippler, Bernd: Schwarzbuch der Habsburger. Die unrühmliche Geschichte eines Herrscherhauses (2. Auflage, ungekürzte Taschenbuchausgabe), Innsbruck [u.a.] 2010
Zitat:
„An Meine getreuen österreichischen Völker!“, Kaiser Karl I., zitiert nach: Bihl, Wolfdieter: Der Erste Weltkrieg 1914–1918. Chronik – Daten – Fakten, Wien/Köln/Weimar 2010, 230
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Kapitel
- Das Kriegsgeschehen 1917–1918: Im Angesicht des drohenden Unterganges
- Die Situation im Hinterland
- Apathie und Widerstand – Die Stimmung in der Bevölkerung
- Die Sixtus-Affäre: Ein diplomatischer Super-GAU
- Ein „Programm des Weltfriedens“ – Die 14 Punkte von Präsident Wilson
- „An Meine getreuen österreichischen Völker!“ – Das Völkermanifest Kaiser Karls
- Der Zusammenbruch
- Der Zerfall der Habsburgermonarchie – Teil I: Auf dem Weg zur Selbstbestimmung
- Der Zerfall der Habsburgermonarchie – Teil II: Die Situation in Wien und Budapest
- Die letzten Tage der Monarchie