Andrea Stangl

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Musikalische Innovationen im Ersten Weltkrieg

Der Erste Weltkrieg bedeutete aus musikhistorischer Sicht keinen markanten Wendepunkt. Dieser fand einige Jahre zuvor mit der atonalen Musik statt und bedeutete für manche Zeitgenossen eine „Urkatastrophe“ der anderen Art. Der Krieg markierte eher einen Einbruch, da die großen Meisterwerke in diesen Jahren weitgehend ausblieben. Auch das Musikleben wurde innerhalb kürzester Zeit auf Kriegsdienst umgestellt, die Produktivität war insbesondere zu Kriegsbeginn, als es für die Musikschaffenden galt, ihren Beitrag zur Mobilisierung zu leisten, beträchtlich. Wenn es Neuerungen gab, so kamen diese in erster Linie durch technische Entwicklungen und die Folgeerscheinungen des Krieges zustande.

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„La Victoire en chantant“ – Das französische Chanson im Ersten Weltkrieg

Il suffit d’ajouter ‚militaire’ à un mot pour lui faire perdre sa signification. Ainsi la justice militaire n’est pas la justice, la musique militaire n’est pas la musique.“ (Georges Clemenceau)
(„Es genügt, ‚militärisch’ an ein Wort zu hängen, damit es seine Bedeutung verliert. So, wie ‚militärische Gerechtigkeit’ nicht Gerechtigkeit bedeutet, ist ‚Militärmusik’ keine Musik.“)

Wenig anders als in Österreich oder Deutschland zeigte sich das musikalische Leben in sonstigen Krieg führenden Staaten. Auch hier wurden Volkslieder zu Schlachtgesängen erhoben und die Musikschaffenden stellten sich überwiegend in den Dienst der patriotischen Sache.

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„Hugo hat die verdammte Pflicht, den Tod fürs Vaterland nicht zu sterben, bevor ich meinen III. Akt habe.“ – Richard Strauss und der Erste Weltkrieg

In einem Briefwechsel zwischen dem Komponisten Richard Strauss und seinem Librettisten Hugo von Hofmannsthal (bzw. dessen Frau Gerty) äußerten sich die beiden über den Ersten Weltkrieg teils in ironisch-sarkastischer, teils in patriotischer Form. Im Vordergrund stand jedoch bei Strauss meist weniger die Kommentierung des Zeitgeschehens als dessen Auswirkung auf seine persönlichen Befindlichkeiten.

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„Was jetzt der Feldgraue singt, singt in seltener Einheit das gesamte deutsche Volk.“ – Das Soldatenlied als Sammelgegenstand

Soldatenlieder haben das soldatische Leben und Erleben zum Inhalt und sind – im Gegensatz zu den offiziell verordneten Kampfliedern – Äußerungen, die ohne Einflussnahme „gewohnheitsmäßig, freiwillig“ gesungen wurden und in denen der Soldat ausdrückt, „was ihn bewegt und was er sonst nicht selbst sagen kann und mag“, so der Volkskundler John Meier (1916). Soldatenlieder hatten unterschiedliche Inhalte, die von patriotischen Appellen über den Kampfaufruf bis zu Klagen und Protesten reichten. Während des Ersten Weltkriegs entstanden umfangreiche Sammlungen, die aus patriotischen, aber auch aus volkskundlichem Interesse angelegt wurden.

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Ernste Zeit – ernste Kunst!

Anlässlich des Geburtstags von Kaiser Franz Joseph lud das Deutsche Volkstheater im August 1914 als eine der wenigen Wiener Bühnen, die zu Kriegsbeginn nicht schlossen, zu einer Festveranstaltung, deren Erträge dem Roten Kreuz zuflossen. Das Programm stand ganz im Zeichen einer kriegspatriotischen Kundgebung. Grillparzers Version der Volkshymne folgten Szenen aus Schillers Wilhelm Tell und Wallensteins Lager. Der musikalische Teil erreichte mit der Darbietung der Wacht am Rhein einen ersten Höhepunkt: „Es erhob sich das Publikum von den Sitzen. Hochrufe wurden laut, begleiteten auch den Vortrag des Radetzkymarsches und des ‚Prinz-Eugen-Liedes’, die österreichische Volkshymne und das ‚Heil dir im Siegerkranz’ wurde mitgesungen, und zum Schlusse begrüßte man mit lautem Jubel das Lied ‚O du mein Österreich’!“

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„Die Musen lernen das Dienen im Kriege.“

Der Erste Weltkrieg geriet zu einem Feldzug konservativer Kunst- und Kulturkritiker gegen die „Moderne“. In seitenlangen Abhandlungen beschäftigten sich Musikkritiker und Musikwissenschaftler mit der „Analyse“ der aktuellen musikalischen Produktion und Aufführungspraxis und gaben vor, wie die Funktion und Entwicklung der Musik in Kriegszeiten auszusehen hätten.

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Patriotische Aufladung im Konzert der Völker

„Denn immer noch, wenn des Geschickes Zeiger
Die große Stunde der Geschichte wies,
Stand dieses Volk der Tänzer und der Geiger
Wie Gottes Engel vor dem Paradies.“

(Anton Wildgans, Ein Gebet für Österreichs Volk und Kämpfer. August 1914)

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„Salonrock statt Frack“ – der Musikbetrieb in Sparzeiten

Im Sommer 1914 wurde eine vorläufige Einstellung des Spielbetriebs am Wiener Burgtheater und an der Hofoper verfügt, bei letzterer mit dem Argument, dass die Musik bei Waffenlärm schweigen solle. Der Hofoperndirektor Hans Gregor versuchte gegen die Schließung seines Hauses zu intervenieren und meinte, dass das Volk gerade in diesen schwierigen Zeiten Ablenkung brauche. Die Wiedereröffnung der beiden Häuser am Ring fand bereits Mitte Oktober 1914 statt, in der Oper zum Saisonauftakt traditionell mit Richard Wagners Lohengrin

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