Rumäniens Kriegseintritt und Niederlage gegen die Mittelmächte

Eigentlich war die Regierung in Bukarest durch einen Bündnisvertrag aus dem Jahr 1883 an Deutschland und Österreich-Ungarn gebunden. Tatsächlich verlor dieses Übereinkommen aber zunehmend an Wert.

Der Generalstab in Wien musste beispielsweise erkennen, dass die rumänische Exekutive gegen das Romanowimperium eingesetzte k. u. k. Agenten festnahm, während sie zarische Spitzel in Siebenbürgen, Galizien und der Bukowina weitgehend ungehindert arbeiten ließ. Damit nahm Rumänien bereits vor 1914 durch einen „Kalten Krieg der Geheimdienste“ die offenen Kampfhandlungen mit der Donaumonarchie während des Ersten Weltkrieges gewissermaßen vorweg. 

Bis es zum offenen Schlagabtausch zwischen Bukarest und Wien beziehungsweise Berlin kam, mehrten sich die Zeichen einer schweren Verstimmung: Während der Balkankriege erachtete nämlich Rumänien das Eintreten des Habsburgerreiches für Bulgarien als feindseligen Akt. An eine Allianz in einem größeren Waffengang war nicht mehr zu denken, speziell ab dem Sommer 1914, als sich Bukarest ganz offen dafür entschied, den Mittelmächten nicht zur Seite zu stehen.

Die vorläufige Neutralität des Landes war allerdings von innenpolitischen Kontroversen begleitet, bis schließlich der Druck Frankreichs beziehungsweise Russlands stärker wurde und die Hoffnung auf künftige Territorialgewinne in Siebenbürgen und der Bukowina konkretere Formen annahm. Ebenso wichtig waren allerdings die veränderten Rahmenbedingungen seit der Allianz Bulgariens mit den Mittelmächten ab Oktober 1915. Rumänien zeigte sich nun bereit, den Bündnisangeboten der Entente näherzutreten.

Am 27. August 1916 erklärte das Land schließlich Österreich-Ungarn den Krieg. Allerdings war die rumänische Armee schlecht vorbereitet. Ausrüstungs- und Qualifikationsmängel, verbunden mit infrastrukturellen Defiziten, allen voran dem schlecht ausgebauten Schienennetz, bereiteten Schwierigkeiten. Nach ersten Erfolgen, der raschen Eroberung weiter Teile Siebenbürgens, kam die Offensive zum Stehen. Der massive Gegenschlag deutscher, österreichisch-ungarischer und bulgarischer Truppen drängte die rumänischen Streitkräfte in die Defensive.

Ende 1916 war mehr als die Hälfte Rumäniens inklusive der Hauptstadt Bukarest in der Hand der Mittelmächte. König Ferdinand, seit 1914 Regent des Balkanstaates, musste deshalb nach Iaşi ausweichen, wenngleich es den Deutschen und Österreichern nicht gelang, die Rumänen völlig in die Knie zu zwingen.

Bibliografie 

Hitchins, Keith: Romania 1866–1947, Oxford 1994

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Aspekt

Entwicklungen

  • Entwicklung

    Nationale Standpunkte zum Krieg

    Die Habsburgermonarchie als staatlicher Rahmen für die kleineren Nationalitäten Zentraleuropas wurde bis 1914 kaum ernsthaft in Frage gestellt, weder von innen noch von außen. Bei Ausbruch des Krieges betonten die Vertreter der Nationalitäten zunächst ihre Loyalität zu den Kriegszielen der Habsburgermonarchie.