Ressourcenmangel und Kriegsfinanzierungsnot im Film

Die Kriegspropaganda berichtete vom erfolgreichen Kampf der eigenen Truppen und vom Fortschreiten der Produktion. Tatsächlich hatte sich der Erste Weltkrieg aber längst zur Ressourcenschlacht entwickelt.

Die Mittelmächte mussten nicht zuletzt auf dem Gebiet der Ressourcen eine entscheidende Niederlage hinnehmen. Ihre Kohle-, Stahl- und Eisenproduktion stagnierte und ging schließlich sogar zurück. Der Rohstoffmangel zwang die Behörden zur Requisition von Metallgeräten aus privaten Haushalten. Im katholischen Österreich machte man schließlich nicht einmal mehr vor den Kirchenglocken halt, wie auch das Filmdokument „Metallene Hausgeräte in einer Kriegs-Metall-Einkaufsstelle der Metallzentrale“ (A ca. 1917) belegt. Die Diskrepanz zwischen den Propagandameldungen und dem tatsächlichen Mangel an Rohstoffen, Gütern und Waffen wurde offensichtlich.

Ein wichtiges Mittel zur pekuniären Sicherung der kostenaufwendigen Kriegseinsätze stellten die Kriegsanleihen dar. Der erste Aufruf zur Leistung einer „finanziellen Wehrpflicht“ erfolgte bereits im November 1914. Die offerierten fünf Prozent Zinsen versprachen eine gute Geldanlage und veranlassten vor allem große Institutionen und die Mittelschicht, solche Anleihen zu zeichnen. Insgesamt wurden acht Kriegsanleihen aufgelegt, die nominell 35 Milliarden Kronen einbrachten. Auf diesem Wege verbrauchte der Erste Weltkrieg ein Viertel bis ein Drittel des Volksvermögens und endete in einem ökonomisch-monetären Fiasko. Die Kriegsanleihezeichner hatten letztlich nur mehr wertlose Papiere in den Händen.

Um die Zahl der Unterstützer zu steigern, kam eine Reihe von Propagandafilmen zum Einsatz, die allen voran das Gewissen der „Untertanen“ ansprechen sollten. Der erste Werbefilm dieser Art lässt sich für Österreich-Ungarn mit November 1914 nachweisen. Die Bandbreite der Kriegsanleihefilme reichte von Trickfilmen und Karikaturen, über fiktionale Realfilme mit dokumentarischen Filmmaterialen bis zu Lustspielen. Zu sehen waren die Filme in festen Kinotheatern, Wander- und Feldkinos, mitunter wurden sie in die Kriegswochenberichterstattung eingebettet.

Von den österreichisch-ungarischen Kriegsanleihefilmen hat sich ein einziges Fragment erhalten („Zur Zeichnung der 7. Kriegsanleihe“, A ca. 1917). Die bruchstückhaft bestehende Produktion wirbt für die 7. Wertpapierzeichnung und gibt in ihrer inhaltlichen und szenischen Gestaltung Einblick in ein oftmals gepflogenes Skript: Der unwillige, griesgrämige Prototyp des Österreichers wird persifliert. In Volksmaniercharakter werden Stereotype überzeichnet, belächelt und letztlich bekehrt. Die Alltagssituation bindet weite Bevölkerungskreise (von der Arbeiterschaft bis zum Kleinunternehmer, von der jungen Frau bis zur Greisin) ein, ermöglicht eine Wiedererkennung von Selbsterlebtem und bietet so einen Identifikationsrahmen. Die einzige Großaufnahme des Fragments lässt die Zielrichtung des Werbefilms klar erkennen: Die 7. Kriegsanleihe liegt aktuell auf und soll nun eifrig gezeichnet werden.

Bibliografie 

Eigner, Peter/Helige, Andrea (Hrsg.): Österreichische Wirtschafts- und Sozialgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, Wien/München 1999

Sandgruber, Roman: Ökonomie und Politik. Österreichische Wirtschaftsgeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Wien 1995

Inhalte mit Bezug zu diesem Kapitel

Personen, Objekte & Ereignisse

  • Objekt

    Mangel und Elend

    Als im Jänner 1915 die Bevölkerung auf ausbleibende Brot- und Mehllieferungen mit Panikkäufen reagierte, führte die Kriegs-Getreide-Verkehrsanstalt das Bezugskartensystem ein. Pro-Kopf-Quoten wurden festgesetzt und über Brot- und Mehlkarten verteilt. Doch selbst die zugewiesenen Rationen konnten angesichts der Krise immer seltener ausgegeben werden und die Papierscheine erwiesen sich als wertlos.