Präsentation des Kaiserhauses: Bildikonen
Die kinematographische Berichterstattung über die Verpflichtungen höfischer Repräsentation entwickelte sich schnell zu einem professionalisierten Metier in- und ausländischer Unternehmen. Schon Wochen vor dem Ereignis begannen die Produktionsfirmen mit den Vorbereitungen und Werbekampagnen für die zu erwartenden Sensationsaufnahmen.
Kaiser Franz Joseph I. stand ganz im Zentrum der idealisierten Repräsentation. Für Generationen war er das Sinnbild der österreichischen Monarchie. Der „alte Mann in Schönbrunn“, der die „Ehre und Würde“ des Reiches nicht zuletzt mit Waffengewalt zu wahren suchte, verkörperte auch Anfang des 20. Jahrhunderts Kontinuität, aber gleichzeitig die Schwäche der Dynastie und des monarchischen Herrschaftsprinzips. Bei Empfängen, Eröffnungen und Festivitäten versuchten die Kameramänner den Kaiser visuell festzuhalten und schufen dabei Ikonen, die über die wiederkehrende Präsentation in historischen Dokumentationen und über die Re-Inszenierung in Spielfilmen bis in die Gegenwart wirken. Im Fall von Kaiser Franz Joseph ist es der allgegenwärtige „kaiserliche Waidmann“, naturverbunden und von seinen „ihn liebenden Untertanen“ umgeben, der noch heute zum monarchischen Bilderkanon zählt. 1930 wurde ihm mit dem Streifen „Kaiser Franz Joseph als Regent und als Mensch“ ein filmisches Denkmal gesetzt.
Kaiser Karl, der Großneffe Kaiser Franz Josephs, späterer Thronfolger und schließlich der letzte Kaiser von Österreich und König von Ungarn, ist im visuellen Gedächtnis der Nachwelt ebenfalls mit medial wiederkehrenden Bildern verankert. Seine von der französischen Firma Gaumont 1911 gefilmte Vermählung mit der 19-jährigen Prinzessin Zita von Bourbon-Parma ist in die historische Erinnerungskultur eingegangen. Kaiser Franz Joseph, Erzherzöge und Prinzessinnen, Hochadel und Hofstaat kamen anlässlich der Hochzeitsfeierlichkeiten zusammen. Oftmals sind es die einzigen existierenden Laufbilder dieser „Würdenträger“, die je nach Bedarf von Dokumentarfilmern und TV-Anstalten in Einzelsequenzen herausgegriffen und in einen neuen filmischen Kontext gesetzt werden. Der Bekanntheitsgrad dieser Aufnahmen geht daher über jenen vieler anderer Filme der Monarchie weit hinaus.
Zu wahren globalen Bildikonen wurden auch jene Dokumentarstreifen, die 1914 im Zuge der Ermordung des Thronfolgers Franz Ferdinand und seiner Gemahlin Sophie, Fürstin von Hohenberg, entstanden. Thronfolger Franz Ferdinand tendierte zu einer friedlichen Lösung der internationalen Spannungen, auch auf dem Balkan. Sein Eintreten für einen „trialistischen Umbau“ des Donauraumes, für den Zusammenschluss aller Südslawen unter Habsburgs Zepter, widersprach allerdings dem Ausgleich von 1867 und den Zielen Belgrads. Am 28. Juni 1914 wurden er und seine Frau in Sarajewo durch die Schüsse serbischer Attentäter getötet. In Sarajewo reagierte man auf das Attentat mit Übergriffen auf die serbische Minderheit; deren Geschäfte und Häuser wurden beschädigt.
Korte, Barbara/Paletschek, Sylvia/Hochbruck, Wolfgang (Hrsg.): Der Erste Weltkrieg in der populären Erinnerungskultur, Essen 2008
Leidinger, Hannes/Moritz, Verena/Moser, Karin: Österreich Box 1: 1896-1918. Das Ende der Donaumonarchie, Wien 2010