Italiens Stabschef Luigi Cadorna hatte nach Befehlsverweigerungen in seinen Kampfverbänden zwar eingesehen, dass die Truppen eine Atempause brauchten. Dennoch erweckten seinen Maßnahmen nach der elften Isonzoschlacht (Mitte August bis Mitte September 1917) den Eindruck, als würde er bald wieder zum Angriff übergehen wollen. Auf adäquate Verteidigungsstellungen wurde verzichtet. Alle Geschütze blieben in der vordersten Linie.
Den nächsten Schlag führten unter diesen Bedingungen die Mittelmächte. Deutschland verlegte sieben Divisionen an den oberen Isonzo. Gemeinsam mit den österreichisch-ungarischen Einheiten gelang ihnen am 24. Oktober 1917 der Durchbruch und bis Mitte November der Vormarsch zum Piave. Die „Katastrophe von Caporetto“, so die italienische Bezeichnung für die 12. Isonzoschlacht, hatte beträchtliche Unzulänglichkeiten auf der Seite des Apenninenkönigreiches zu Tage gefördert. Neben 40.000 Toten und Verwundeten sowie 280.000 Gefangenen verloren die italienischen Streitkräfte zehntausende Männer durch Desertion. Meutereien verwiesen auf die tiefe Unzufriedenheit im Land. Viele Fahnenflüchtige fanden bei Bauern Unterschlupf. Revolten und Proteste in Turin und Mailand machten auf Versorgungsengpässe und eine wachsende Antikriegsstimmung aufmerksam. Die Armee griff hart durch, tötete Demonstranten und verhängte Disziplinarstrafen und Todesurteile über Militärpersonen.
Die Möglichkeit eines Zusammenbruchs Italiens war real. Dennoch kam es nicht zur Revolution, wobei gerade das „Desaster von Caporetto“ eine wichtige Rolle spielte und die nationale Widerstandsbereitschaft erhöhte: Nach der zwölften Isonzoschlacht wandelte sich der Angriffs- in einen Verteidigungskrieg, der die vorhandenen Kräfte unter Einschluss alliierter Hilfe noch einmal mobilisierte, die Ressourcen besser verteilte und dabei die Befugnisse des Staates ausweitete.
Umgekehrt starrte man im Habsburgerreich im Dezember 1917, als die Fronten zum Stehen kamen, zwar fasziniert auf die enormen Gefangenenmassen, musste diese nun aber auch ernähren. Aus der Sicht der österreichisch-ungarischen Gesamtkriegsführung brachte der Sieg an der Südwestfront eher weitere Gefahren für die Monarchie. Während Soldaten und Kriegsmaterial von einem Ort zum anderen transferiert wurden, fehlte es in den Städten und größeren Ortschaften an Brennstoffen und Nahrungsmitteln.
Die Probleme in der Heimat vermischten sich mit den Nöten an der Front. Als die k. u. k. Armee im Juni 1918 am Piave angriff, war sie dem Druck des Hinterlandes ausgesetzt. Die Offensive schlug fehl. Erschöpfte, schlecht ausgerüstete und halb verhungerte Soldaten kämpften in den folgenden Monaten auch noch mit Krankheiten wie der Malaria. Ende August beziehungsweise Anfang September 1918 erreichten zwei Drittel der österreichisch-ungarischen Divisionen nur noch die halbe Sollstärke.
Isnenghi, Mario/Rochat, G.: La grande guerra 1914–1918, Mailand 2000
Rauchensteiner, Manfried (Hrsg.): Waffentreue: Die 12. Isonzoschlacht 1917, Wien 2007
Rauchensteiner, Manfried: Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie 1914–1918, Wien/Köln/Weimar 2013
Strachan, Hew: Der Erste Weltkrieg. Eine neue illustrierte Geschichte, München 2009