Im September 1918 wurde die Niederlage der Mittelmächte unausweichlich. An der Westfront waren die deutschen Truppen zu keinem entscheidenden Offensivschlag mehr fähig, am Balkan suchte Bulgarien um Waffenruhe an. Während die oberste Heeresleitung in Deutschland selbst auf Verhandlungen mit den Alliierten setzte, zerfiel die Donaumonarchie ab Ende Oktober binnen weniger Tage. Im Wissen, dass Geländegewinne in den letzen Kriegswochen die zukünftigen Friedensordnungen beeinflussen konnten, griff Italien am 23. Oktober bei Vittorio Veneto an.
Fünf Tage hielten die k. u. k. Kampfverbände noch stand, dann lösten sie sich auf. Der Versuch Kaiser Karls, das Reich auf föderaler Basis neu zu gestalten, beschleunigte den Desintegrationsprozess. Der tschechoslowakische und der südslawische Staat entstanden, Galizien tendierte zum wiedererstehenden Polen, in Wien und Budapest etablierten sich mit dem Umsturz nationale Regierungen. Signifikanterweise betrachteten die Magyaren die Angelegenheiten des untergehenden Habsburgerimperiums nicht mehr als ihre Sache.
Das k. u. k. Armeekommando ging ohne ungarische Beteiligung in die Waffenstillstandsverhandlungen mit den Italienern. Diese verlangten am 2. November in Padua neben der unverzüglichen Einstellung der Feindseligkeiten unter anderem eine komplette Demobilisierung, den Rückzug nicht bloß aus den okkupierten Gebieten, sondern auch aus den bislang zur Donaumonarchie gehörenden Regionen südlich des Brenners sowie die volle Bewegungsfreiheit im Feindgebiet.
Die empörte Generalität des kollabierenden Habsburgerreiches betrachtete diese Bedingungen als Aufforderung zur endgültigen und vollständigen Kapitulation, musste sich aber auf Anweisung Karls den Italienern beugen.
In der Folge stellten die Österreicher sofort jede Kampfhandlung ein, während die Italiener eine Frist von 24 Stunden geltend gemacht hatten, um ihre Einheiten vom Waffenstillstand zu verständigen. Die unterschiedliche Auslegung der Bestimmungen ging allein zu Lasten der k. u. k. Heeresführung und bedeutete für rund 360.000 österreichisch-ungarische Soldaten die Gefangennahme sozusagen in letzter Minute.
Die Gerüchte um diese Geschehnisse, vor allem der Vorwurf der Vertragsbrüchigkeit des Apenninenkönigreiches, vertieften nur noch die Kluft zwischen den bisherigen Kontrahenten. Zur ohnehin bereits traditionellen Distanz gegenüber dem südlichen Nachbarn kamen nun in Österreich noch weitere Animositäten aufgrund der Weltkriegserlebnisse hinzu, während umgekehrt auf der Apenninenhalbinsel die Maßnahmen der Donaumonarchie gegen viele „Austroitaliener“ Teil des nationalen antiösterreichischen Mythos wurden. Speziell das Schicksal von Cesare Battisti erregte in diesem Zusammenhang die Gemüter: Der ehemalige österreichische Parlamentarier, der sich zum Eintritt in die italienische Armee entschlossen hatte, war von den k. u. k. Truppen gefangen genommen und wegen Hochverrates hingerichtet worden.
Für das historische Gedächtnis der entstehenden Alpenrepublik erlangte hingegen die Tatsache, dass der südliche Nachbar und vormalige Kriegsgegner ab 1918/19 beträchtliche Hilfssendungen an die notleidende österreichische Bevölkerung sandte, kaum Bedeutung. Vielmehr herrschte in Wien und in den Bundesländern Empörung über den Anspruch Italiens auf Südtirol.
Rauchensteiner, Manfried: Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie 1914–1918, Wien/Köln/Weimar 2013
Rauscher, Walter: Österreich und Italien 1918–1955, in: Koch, Klaus et al. (Hrsg.): Von Saint Germain zum Belvedere. Österreich und Europa 1919–1955, Wien 2007, 186-209