Das vollmundige Versprechen Kaiser Wilhelms II., dass im Herbst 1914, „wenn die Blätter fallen“, der Krieg siegreich beendet sein würde, klang den Menschen noch in den Ohren, als sie die Realität des Krieges einholte. Die ersten beiden Kriegsjahre waren von wechselnden Erfolgen der Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn geprägt.
Die ersten Monate des Krieges waren von den Erfolgen der deutschen Armee an der Westfront gekennzeichnet: Deutsche Einheiten überrannten Belgien und starteten einen massiven Angriff auf Frankreich. Die französische Armee geriet zunächst in die Defensive. Die Eroberung von Paris schien in greifbare Nähe zu rücken.
Doch dann kam die deutsche Offensive ins Stocken und die französische Armee erholte sich von der Schockstarre. Das „Wunder an der Marne“, ein Überraschungserfolg der Franzosen, bedeutet das Ende des deutschen Angriffskrieges. Im November 1914 etablierte sich eine Frontlinie, und der anfängliche Offensivfeldzug der deutschen Armee verwandelte sich in einen Stellungskrieg, der sich zu einer Materialschlacht mit enormen Verlusten an Menschenleben bei kaum nennenswerten Gebietsgewinnen auswuchs. Der Kampf in den nordfranzösischen Schützengräben wurde zum Synonym für das Massenschlachten einer industrialisierten Kriegsmaschinerie.
Im Osten traf der Balkanfeldzug der k. u. k Armee in Serbien auf entschiedene Gegenwehr. Die bessere Kenntnis des Geländes und die höhere Kampfmoral der Verteidiger ließen den anfänglich als „Spaziergang“ herabgespielten Angriffskrieg zu einem peinlichen Unternehmen für Österreich werden. Kein Ruhmesblatt erwarb sich die österreichische Armeeführung mit dem unverhältnismäßig brutalen Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung. Erst mit Hilfe deutscher und bulgarischer Einheiten – Bulgarien war im Herbst 1915 dem deutsch-österreichischen Bündnis beigetreten – konnten die serbischen Kernterritorien erobert werden.
Mit noch größeren Schwierigkeiten sah sich die österreichische Armee auf dem russischen Kriegsschauplatz konfrontiert. Der ursprünglich geplante Angriffskrieg war hier zu einem demütigenden Rückzugsgefecht mutiert. Die Habsburgermonarchie erlitt empfindliche Gebietsverluste in Galizien, die erst 1915 zurückerobert werden konnten. Dies war der Stärke der deutschen Armee zu verdanken, welche die Angriffe der Russen zurückdrängen konnte und weit in russisches Gebiet eindrang. Im Sommer 1917 standen das Baltikum und Russisch-Polen unter der Kontrolle der Mittelmächte. Die enorme Erstreckung des Frontgebietes von 1.600 km bedeutete jedoch eine massive Belastung für Deutschland und die Donaumonarchie.
Verkompliziert wurde die Situation durch den Kriegseintritt Rumäniens auf der Seite der Entente im August 1916. Es entstand ein weiterer Kriegsschauplatz, wobei es den Mittelmächten bis Ende 1916 gelang, Rumänien unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Situation am Balkan blieb bis Kriegsende relativ stabil.
Bihl, Wolfdieter: Der Erste Weltkrieg 1914–1918. Chronik – Daten – Fakten, Wien/Köln/Weimar 2010
Hamann, Brigitte: Der Erste Weltkrieg. Wahrheit und Lüge in Bildern und Texten, 2. Aufl., München 2009
Hanisch, Ernst: Der lange Schatten des Staates. Österreichische Gesellschaftsgeschichte im 20. Jahrhundert [Österreichische Geschichte 1890–1990, hrsg. von Herwig Wolfram], Wien 2005
Hirschfeld, Gerhard/Krumeich, Gerd/Renz, Irina (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Aktualisierte und erweiterte Studienausgabe, Paderborn/Wien [u.a.] 2009
Leidinger Hannes/Moritz, Verena: Der Erste Weltkrieg, Wien [u.a.] 2011
Rauchensteiner, Manfried: Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie 1914–1918, Wien u. a. 2013
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Kapitel
- Die Begeisterung für den Krieg
- „Waffenbrüder“: Österreich-Ungarn und Deutschland als Partner und Verbündete
- Frontlinien – Der Kriegsverlauf 1914–16
- Der Kriegseintritt Italiens
- Der Einfluss des Krieges auf die Zivilgesellschaft
- Der Regierungsantritt Kaiser Karls I.
- Die Sixtus-Briefe – Karls Suche nach einer Exitstrategie
- Karls Versuch eines Befreiungsschlages
- Die russische Revolution und ihre Folgen
- 1917 – Die Wende im Kriegsgeschehen