Das Plakat als Kommunikations- und Propagandamedium

Bereits vor dem Ersten Weltkrieg wurde das Plakat als Kommunikationsmedium für Werbezwecke genutzt. Die Gebrauchsgrafik etablierte sich als eigenständigen Zweig der Kunstproduktion. Mit dem Krieg wurde das Plakat zum modernen Trägermedium für politische Inhalte.


 

Als Propagandamedium wurden Plakate vor allem an der ‚Heimatfront‘ eingesetzt. Als Wandzeitung verlautbarten sie behördliche Anordnungen, steuerten die Lebensmittelversorgung, dienten der patriotischen Mobilmachung und der Rekrutierung von Kriegsfreiwilligen. Mit ihnen konnte man zu Sammel- und Spendenaktionen aufrufen und politisch gefärbte Botschaften senden.

In erster Linie kommunizierten Plakate in den Kriegsjahren kriegswirtschaftliche Nachrichten. Damit konnte man an die Tradition der Verbraucherwerbung anknüpfen – nun allerdings wurden Einschränkung und Verzicht propagiert. So riefen die Wiener Bezirksvorsteher schon im August 1914 dazu auf, Wintergemüse anzupflanzen um einen Nahrungsmittelengpass zu vermeiden:„Jeder Fleck Erde, jede Arbeitskraft muss Nahrungsmittel schaffen. Es ist die Pflicht jedes denkenden Bürgers mitzutun! Ringet dem Boden ab, was er zu geben imstande ist!“
Auf zahlreichen Plakaten wurde an das Pflichtgefühl jedes und jeder Einzelnen appelliert, einen Beitrag zum Sieg zu leisten. Mit dem Erwerb von Kriegsanleihen sollte das persönliche Engagement verdeutlicht werden. Organisiert wurden auf diesem Wege auch Sammlungen von staatlichen Organisationen, privaten Initiativen und den Anleihe-Banken.

Mittels Plakatpropaganda konnte man die patriotische Rhetorik in monumentale Bilder umsetzen. Die Bildsujets riefen zu Einigkeit auf, das Vielvölkerreich sollte vereint gegen den äußeren Feind auftreten. Der Schulterschluss der Kronländer und die beschworene Harmonie zwischen den Völkern drückten sich in einer demonstrativen Loyalität zum Kaiser aus. Die in Österreich-Ungarn hergestellten Kriegsplakate lehnten sich stark an die Themenwelt der reichsdeutschen Kriegspropaganda an. Referenzen auf die anderen Bevölkerungsgruppen der Habsburgermonarchie waren marginal und kamen höchstens auf Plakaten lokaler Vereine und Initiativen zum Vorschein.

Die Plakate sprachen die BetrachterInnen meist direkt an: Scheinbar aus der Bildfläche heraustretende Figuren und Augenpaare, welche die Passanten fixierten, waren bezeichnend für die ‚psychischen Strategien’ und die Zielsetzung der Plakate. Ihre Wirkung hing jedoch auch von den anderen Propagandamedien ab. Die Kampagnen der Presse schufen den Verständnishorizont, auf den sich die Bildmetaphern stützen konnten. Die Plakatsujets präzisierten Parolen und verdichteten Inhalte zu einem Motiv, das auf den ersten Blick verständlich war. War ein gelungenes Bildsujet geschaffen, wurde es an andere Propagandamedien weitergegeben und erschien als patriotische Postkarte, Briefmarke und auf Gebrauchsgegenständen wie Zündholzschachteln und Straßenbahnfahrscheinen.

Bibliografie 

Denscher, Bernhard, Gold gab ich für Eisen. Österreichische Kriegsplakate 1914-1918, Wien/München 1987

Eybl, Erik: Information. Propaganda. Kunst. Österreichisch-ungarische und französische Plakate des Ersten Weltkriegs, Wien 2010

Jaworsky, Rudolf: Deutsche und tschechiche Ansichten. Kollektive Identifikationsangebote auf Bildpostkarten in der späten Habrsburgermonarchie, Innsbruck/Wien/Bozen 2006, 127-131

Kämpfer, Frank: Plakat, poster, affiche, manifesto … Des Weltkriegs große bunte Bilder, in: Zühlke, Raoul (Hrsg.) Bildpropaganda im Ersten Weltkrieg, Hamburg 2000, 125-144

Verhey, Jeffrey: „Helft uns siegen“ – Die Bildsprache des Plakats im Ersten Weltkrieg, in: Spilker, Rolf/Ulrich, Bernd: Der Tod als Maschinist. Der industrialisierte Krieg 1914-1918. Eine Ausstellung des Museums Industriekultur Osnabrück im Rahmen des Jubiläums „350 Jahre Westfälischer Friede“ 17.Mai – 23.August 1998, 164-175

 

Inhalte mit Bezug zu diesem Kapitel

Aspekt

Personen, Objekte & Ereignisse

  • Objekt

    Mangel und Elend

    Als im Jänner 1915 die Bevölkerung auf ausbleibende Brot- und Mehllieferungen mit Panikkäufen reagierte, führte die Kriegs-Getreide-Verkehrsanstalt das Bezugskartensystem ein. Pro-Kopf-Quoten wurden festgesetzt und über Brot- und Mehlkarten verteilt. Doch selbst die zugewiesenen Rationen konnten angesichts der Krise immer seltener ausgegeben werden und die Papierscheine erwiesen sich als wertlos.

Entwicklungen

  • Entwicklung

    Alltag an der (Heimat) Front

    Wie gestaltete sich der Alltag in der Heimat und an den Fronten während der Jahre 1914 bis 1918? Lässt sich der Alltag einer bürgerlichen Frau mit jenem einer Arbeiterin vergleichen? Machte ein Offizier dieselben Fronterfahrungen wie ein Mannschaftssoldat? Oder müssen wir nicht eher davon ausgehen, dass wir es mit einer immensen Fülle an Einzelerlebnissen und -erfahrungen zu tun haben, die den Kriegsalltag der Bevölkerung und der Soldaten an den Fronten prägten?