„Laßt eure Herzen schlagen zu Gott und Eure Fäuste auf die Feinde“

Die Sujets der Bildpropaganda

Nicht nur die Inhalte der Hetzbotschaften glichen sich in den kriegsführenden Ländern, auch die bildlichen Sujets und Darstellungsformen der Bildpropaganda wiesen verblüffende Ähnlichkeiten auf.


 

Grundsätzlich waren alle Staaten bestrebt, die eigene Kriegsbeteiligung als naturgegeben, gottgewollt und schicksalhaft darzustellen. Zu diesem Zweck wurde ein Personenkult um die Staatsoberhäupter betrieben – allen voran um Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Joseph –, der diese als Vollstrecker des göttlichen Willens erscheinen ließ. In der politischen Sinngebung erhielt der Krieg auch religiöse und apokalyptische Botschaften. Die Alliierten wie die Mittelmächte führten ihn als „letzten Krieg“, wodurch der kompromisslose Einsatz aller Mittel gerechtfertigt wurde. Die Heeresführer erschienen in den bildlichen Darstellungen als Vaterfiguren, standen über dem Volk, überragten die Gegner und sollten der Bevölkerung Hoffnung vermittelten.

Bilder von der Front sollten in erster Linie Zuversicht verbreiten. Schlachtenszenen zeigten die eigenen Truppen stets vorwärtsstürmend und in der Übermacht, während die Gegner als unterlegen und zurückweichend dargestellt wurden, selbst wenn dies der Kriegsrealität längst nicht mehr entsprach. Die Propagandisten griffen auf vorhandene Klischees zurück und versahen die gegnerischen Truppen mit Stereotypen. So zeichnete die deutschsprachige Propaganda die Serben als Inbegriff der unzivilisierten, diebischen „Balkanesen“, die Russen als unkultiviert und ständig betrunken, die Franzosen des Kampfes nicht fähig, die Engländer als hinterhältig und schwach und die Italiener als treulose Verräter.

Frauenbilder konnten recht unterschiedliche Botschaften transportieren. Zum einen warben sie als leidende Opfer für verstärkte Kriegsanstrengungen, zum anderen wurden sie als Arbeiterinnen in den Fabriken gezeigt und symbolisierten die Mobilisierung der ‚Heimatfront‘ unter anderem auch für die Kriegsindustrie. Als Krankenschwestern wurden sie zu Symbolen irdischer Schutzengel, verkörperten die Sehnsucht nach Sicherheit und Geborgenheit und wurden zu Objekten heimlicher erotischer Begierde. Abbildungen spielender Kinder sollten hingegen den Krieg verharmlosen und die alltägliche Dimension des Krieges verdeutlichen.

Wurden Heeres- oder Regierungsführer mit dem Erdball in der Hand abgebildet, unterstrich dies den imperialistischen Anspruch der Kriegsparteien. Mit Landkarten konnte man Kriegsziele und Kampfschauplätze veranschaulichen und ebenfalls propagandistisch wirken.

Bildgeschichten von der Heimatfront beschönigten die Entbehrungen des Krieges und motivierten die Menschen zum Durchhalten. Dabei wurde betont, dass der Kriegsgegner zumindest ebenso schlecht versorgt sei und man selbst mit Raffinesse und Erfindungsgeist dem Mangel entgegentrete. Hier konnte man die Schuld an der Notlage auch auf einzelne Personen oder Personengruppen lenken, die für die missliche Lage verantwortlich gemacht wurden: Lebensmittelwucherer, Verschwender, Hamsterer und Kriegsgewinnler avancierten zum inneren Feind, gegen den nicht minder mobilisiert wurde.

Zu Kriegsbeginn stieß die Propaganda auf breite Zustimmung in der Bevölkerung und es herrschte geringer Überzeugungsbedarf. Das änderte sich mit den großen Schlachten in Verdun und an der Somme im Jahr 1916. Mit Fortdauer des Krieges musste die Propaganda vor allem an die schwindende Euphorie appellieren und die Bedeutsamkeit des Krieges hervorheben: Schon allein, damit die erbrachten Opfer nicht vergebens waren, musste der Krieg bis zu einem „Siegfrieden“ fortgesetzt werden.

Bibliografie 

Spilker, Rolf/Ulrich, Bernd (Hrsg.): Der Tod als Maschinist. Der industrialisierte Krieg 1914-1918. Eine Ausstellung des Museums Industriekultur Osnabrück im Rahmen des Jubiläums „350 Jahre Westfälischer Friede“ Bramsche 1998

Tomenendal, Kerstin: Das Türkenbild in Österreich-Ungarn während des Ersten Weltkrieges im Spiegel der Kriegspostkarten, Klagenfurt/Wien/Ljubljana 2008

Weigl, Hans/Lukan, Walter/Peyfuss, Max: Jeder Schuss ein Russ, jeder Stoß ein Franzos. Literarische und graphische Kriegspropaganda in Deutschland und Österreich 1914-1918, Wien 1983

Zühlke, Raoul (Hrsg.), Bildpropaganda im Ersten Weltkrieg, Hamburg 2000

 

Inhalte mit Bezug zu diesem Kapitel

Aspekt

Personen, Objekte & Ereignisse

  • Objekt

    Überwachung & Kontrolle

    Der Alltag in der Habsburgermonarchie war von Propaganda, Überwachung und Kontrolle gekennzeichnet. Die vielen „weißen“ Flecken in den Tageszeitungen zeugen davon ebenso wie Eingriffe in private Briefe und Telegramme. Gleichzeitig wurde durch Bild, Text und Ton versucht, ein einheitliches und kriegsbejahendes Stimmungsbild zu verbreiten. Ausgeschlossen davon waren nicht einmal die jüngsten Bewohner des Reiches; auch die Schulen der Monarchie wurden zu Orten der staatlichen Einflussnahme.