Der idealisierte Führer und Monarch Kaiser Karl im Film – christlich, familiär, uniformiert
Nach dem Ableben Kaiser Franz Josephs wurden der neue, junge Kaiser und seine Frau von der k. u. k. Filmpropaganda in den Fokus genommen. Ihre Popularität sollte gestärkt werden. Das Kaiserpaar hatte Ruhe, Harmonie und Sicherheit im tatsächlichen Chaos zu vermitteln.
Nach dem Ableben des „alten Kaisers“ mitten im Krieg mussten sein Nachfolger Karl und dessen Frau Zita als „Hoffnungsträger der Monarchie“ agieren. Am 30. Dezember 1916 wurde der neue Kaiser von Österreich in Budapest zum ungarischen König gekrönt (Die Krönungsfeierlichkeiten in Budapest, 27.–30. Dezember 1916, A 1916). Die Zeremonie verankerte im öffentlichen Bewusstsein noch einmal die Grundfesten des Gesamtstaates: den Ausgleich zwischen der österreichischen Reichshälfte und den Ländern der Stephanskrone. Sie schien allerdings zu groß für das Haupt des Herrschers. Als sie zudem verrutschte, deuteten manche Beobachter das kleine „Missgeschick“ als schlechtes Vorzeichen. Schließlich galt Karl, der bislang von wichtigen Regierungsgeschäften und militärischen Entscheidungen ferngehalten worden war, als schwacher Charakter. Für den Augenblick betrachtete man die Feierlichkeiten jedoch als Möglichkeit, Selbstständigkeitstendenzen der Magyaren zumindest bis zum Abschluss eines Friedensvertrages abzuschwächen.
Die Filmpropaganda zentrierte sich auf den jungen Kaiser, den man sowohl als liebevollen Familienvater und im Christentum verankerten Gläubigen als auch in seiner Funktion als führenden Militär visuell inszenierte. Er wurde vor allem bei Kriegserfolgen gezielt als oberster Repräsentant der Monarchie und des Heeres in Szene gesetzt. Kaiser Karl verstärkte diesen Eindruck, indem er sich 1916 zum „Allerhöchsten Kriegsherrn“ ausrufen ließ. Obwohl die Entscheidungen in der Regel von Generalstäblern und insbesondere vom mächtigen deutschen Bündnispartner getroffen wurden, lag wenigstens in der Öffentlichkeit die Verantwortung bei der Dynastie und ihrem Oberhaupt.
Je länger der Krieg dauerte und je spürbarer Verluste, Mangel und Hunger für weite Teile der Bevölkerung wurden, um so mehr versuchte die Filmpropaganda, im Chaos Normalität zu demonstrieren. Im Film „Unser Kaiser“ (A 1917) wurde Karl als Herrscher für all seine „Untertanen“ präsentiert. Im ganzen Reich wurden ihm Ovationen entgegengebracht. Der Kaiser stand als militärisches Ideal, als „erster österreichisch-ungarischer Soldat“ dem Heer vor, besuchte „seine Truppen“ im Feld, übte sich in medial populären, zwischenmenschlichen Gesten. Eine heile Welt sollte Einzug halten, deren Repräsentanten das Kaiserpaar waren – freundlich, jovial, ja beinahe volksnah.
Leidinger, Hannes/Moritz, Verena/Moser, Karin: Österreich Box 1: 1896-1918. Das Ende der Donaumonarchie, Wien 2010
Rauchensteiner, Manfried: Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie, Wien/Köln/Weimar 2013