Kriegsgegner im filmischen Fokus
Die k. u. k. Filmpropaganda zentrierte sich allen voran auf die Präsentation des Kaiserhauses sowie der militärischen und wirtschaftlichen Stärke. Behaupten wollte man sich dabei nicht nur gegenüber den Kriegsgegnern. Man versuchte auch, einer vermeintlichen medialen Überpräsenz des deutschen Bündnispartners auf der Propagandaebene entgegenzuwirken.
Direkte filmische Angriffe auf den „Feind“ fanden vor allem über Karikaturen statt. Die Verleih- und Produktionsfirma „Robert Müller“ begann den Reigen der „patriotischen Trickfilme“, für die der Wiener Grafiker Theo Zasche gewonnen werden konnte. Seine spöttischen Filme wiesen nicht selten antirussische und antisemitische Inhalte auf. 1914 entstanden etwa die animierten Satiren „Als der Russe vor Przemysl stand“, ein „kleines Heldenepos der k. u. k. Armee angesichts der russischen Dampfwalze“, „Der Zar und seine lieben Juden“, ein Film, der an die antisemitischen Instinkte des Publikums appellierte, sowie „Das neue Dreigestirn“, das sich mit der neuen Achse Moskau-Paris-London beschäftigte und die drei entsprechenden Staatsoberhäupter recht gehässig darstellte. Auch die „Sascha-Filmfabrik“ wollte am Erfolg der Zeichentrickfilme teilhaben und engagierte Karl Robitschek, der unter seinem Künstlernamen Rob agierte. Zu seinen Werken zählen etwa „Der sichere Weg zum Frieden“ (A 1917) und „Wir und die anderen“ (A 1917). Da sich gegen Ende des Krieges die Begeisterung für „patriotische“ Zeichentrickfilme legte, wurde es den Kinobesitzern „zur patriotischen Pflicht“ gemacht, die politischen Animationsstreifen zu zeigen, die letztlich sogar gratis an die Kinos verliehen wurden. Von den österreichisch-ungarischen Kriegskarikaturen ist keine erhalten geblieben.
In den auf Erfolgsmeldungen ausgerichteten Filmen der k. u. k. Propagandastelle deklarierte und präsentierte man die Gegner als Verräter, Feiglinge und Unterlegene. Im Streifen „Die zwölfte Isonzoschlacht“ (A 1917) werden die italienischen Verbände entsprechend in Szene gesetzt: Sie flüchten direkt vor der Kamera, blicken – auf eine offensichtlich vorab erteilte Anweisung – in das Objektiv. Arrangiert wirken auch die Bilder der Kriegsgefangenenzüge, die eine langsame, kameratauglich organisierte Bewegung des Trupps offerieren. Die per Bild ausgewiesene gute Versorgung der italienischen Armeeangehörigen sollte dem Prestige der k. u. k. Monarchie auch im neutralen Ausland zugute kommen. Tatsächlich stellten die riesigen sich ergebenden Kampfverbände ein erhebliches Problem für den Lebensmittelnachschub dar.
Große Lagerstädte entstanden, Meldungen über katastrophale Lebensbedingungen drangen vor allem in den ersten Kriegsjahren nach außen. In der Folge verbesserte sich die Situation in den Lagern vor allem deshalb, weil zahlreiche Gefangene in der Kriegswirtschaft zum Einsatz kamen. In Österreich-Ungarn waren im Jahr 1917 660.000 hauptsächlich russische Gefangene in der Landwirtschaft oder in Fabriken sowie fast 300.000 bei der „Armee im Felde“ tätig. Aufnahmen zur „Errichtung eines österreichischen Rüstungsbetriebs durch russische Kriegsgefangene“ (A ca. 1915) zeigen Internierte bei Aufbauarbeiten der Betriebsanlage.
Leidinger, Hannes/Moritz, Verena: Gefangenschaft, Revolution, Heimkehr. Die Bedeutung der Kriegsgefangenenproblematik für die Geschichte des Kommunismus in Mittel- und Osteuropa 1917–1920, Wien/Köln/Weimar 2003
Rauchensteiner, Manfried: Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie, Wien/Köln/Weimar 2013
Renolder, Thomas (Hrsg.): Animationsfilm in Österreich. Teil 1 1900–1970 (International Animated Film Association), Wien o.J.