Mathilde Hübner wurde 1884 als dritte von fünf Töchtern des Ehepaares Agnes Hübner (geb. von Coulon) und Gustav Hübner in Oberhollabrunn geboren. 1895 übersiedelte die Familie Hübner in die Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, wo Mathilde Hübner im selben Jahr in eine Privat-Bürgerschule für Mädchen eintrat. Ab 1898 besuchte sie die Höhere Töchterschule des Schulvereins für Beamtentöchter in Wien, wo sie jedoch nur ein Jahr absolvierte, um – wie schon ihre Eltern – im Jahr darauf die Berufsausbildung zur Lehrerin einzuschlagen.
Im Herbst 1899 trat Mathilde Hübner nach bestandener Aufnahmeprüfung in die k. u. k. Lehrerinnen-Bildungsanstalt Wien I, Hegelgasse 14 ein, die sie 1903 mit „brillantem Reifezeugnis“ abschloss. Dieses „berechtigte sie“, wie die beiden Historikerinnen Monika Bernold und Johanna Gehmacher herausarbeiteten, zum Lehrdienst „als provisorische Unterlehrerin an Volksschulen sowie als Handarbeitslehrerin an Volks- und Bürgerschulen“. Nach zweijähriger praktischer Dienstzeit musste sie vor einer Kommission eine Lehrbefähigungsprüfung für Volksschulen ablegen, durch die sie den Anspruch auf eine definitive Anstellung erlangte. Im Jahr 1907 bestand Mathilde Hübner auch die Lehrbefähigungsprüfung für Bürgerschulen mit Auszeichnung, woraufhin sie eine definitive Anstellung als Bürgerschullehrerin erhielt.
Aus einer bildungsbürgerlichen Familie stammend, interessierte sich Mathilde Hübner von jungen Jahren an für Fragen der Bildung, insbesondere der Mädchen- und Frauenbildung.
Als Mitglied und von 1910 bis 1914 als Vizepräsidentin des Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins, des – nach Gisela Urban - „radikalen Flügels“ der Ersten Bürgerlichen Frauenbewegung, setzte sie sich vor allem für die Zulassung von Frauen zu ihnen bis dahin verschlossenen Bildungseinrichtungen und Berufsmöglichkeiten ein.
Diesen Weg schlug sie auch selbst ein und bemühte sich 1906 um die Zulassung zur Maturitätsprüfung. Nach erfolgreicher Ablegung bewarb sie sich ab 1907 um die Zulassung an der Technischen Hochschule in Wien, die ihr – nach mehreren abschlägigen Antworten – schließlich zwei Jahre später – als erster Frau in Österreich – als Gasthörerin gewährt wurde.
Ottokar Hanzel wurde am 4. November 1879 in Ebreichsdorf, Bezirk Wiener Neustadt, als Sohn von Monika Hanzel (geb. Hocke) und des Färbers und späteren Fabrikleiters Bohuslav Hanzel geboren. Nach der Oberrealschule inskribierte er im Studienjahr 1899/1900 an der Technischen Hochschule Wien für den Studienzweig Bauingenieur.
Die Maturitätsprüfung ermöglichte es ihm, im Zuge der seit Ende 1868 auch in Österreich-Ungarn eingeführten Allgemeinen Wehrpflicht als Einjährig-Freiwilliger am 23. April 1900 in das Festungsartillerieregiment Kaiser Nr. 1 einzutreten. Um zum Einjährig-Freiwilligen Dienst, der die Dienstzeit von drei Jahren auf eines verkürzte, zugelassen zu werden, mussten männliche Staatsbürger, wie Ottokar Hanzel, eine Mittelschule oder gleichgestellte Bildungseinrichtung mit Maturitätsprüfung erfolgreich absolviert haben. Für viele hieß dies allerdings, den Dienst auf eigene Kosten abzuleisten, denn nur auf Antrag und bei entsprechender Begabung konnten mittellose junge Männer dieses Jahr auf Staatskosten abdienen.
Im Jahr 1904 bestand Ottokar Hanzel die Prüfung zum Reserveoffizier mit „vorzüglichem Erfolg“ und wurde 1905 zum Leutnant in der Reserve ernannt.
Bernold, Monika/Gehmacher, Johanna: Auto/Biographie und Frauenfrage. Tagebücher, Briefwechsel, Politische Schriften von Mathilde Hanzel-Hübner (1884-1970), Wien 2003
Hämmerle, Christa: Die k. (u.) k. Armee als „Schule des Volkes“? Zur Geschichte der Allgemeinen Wehrpflicht in der multinationalen Habsburgermonarchie (1866 bis 1914/18), in: Jansen, Christian (Hrsg.): Der Bürger als Soldat. Die Militarisierung europäischer Gesellschaften im langen 19. Jahrhundert: ein internationaler Vergleich, Essen 2004, 175-213
Rebhan-Glück, Ines: „Wenn wir nur glücklich wieder beisammen wären …“ Der Krieg, der Frieden und die Liebe am Beispiel der Feldpostkorrespondenz von Mathilde und Ottokar Hanzel (1917/18), Unveröffentlichte Diplomarbeit, Wien 2010
Rebhan-Glück, Ines: Liebe in Zeiten des Krieges. Die Feldpostkorrespondenz eines Wiener Ehepaares (1917/18), in: ÖGL (2012), 56/3, 231–246
Urban, Gisela, Die Entwicklung der österreichischen Frauenbewegung. Im Spiegel der wichtigsten Vereinsgründungen, in: Frauenbewegung, Frauenbildung und Frauenarbeit in Österreich. Hrsg. im Auftrag des Bundes Österreichischer Frauenvereine, Wien 1930, 25-64
Zitate:
„brillantem Reifezeugnis“: Bernold, Monika/Gehmacher, Johanna: Auto/Biographie und Frauenfrage. Tagebücher, Briefwechsel, Politische Schriften von Mathilde Hanzel-Hübner (1884-1970), Wien 2003, 49
„berechtigte sie (...) als provisorische Unterlehrerin …“: Bernold, Monika/Gehmacher, Johanna: Auto/Biographie und Frauenfrage. Tagebücher, Briefwechsel, Politische Schriften von Mathilde Hanzel-Hübner (1884-1970), Wien 2003, 49
„radikalen Flügels“: Urban, Gisela, Die Entwicklung der österreichischen Frauenbewegung. Im Spiegel der wichtigsten Vereinsgründungen, in: Frauenbewegung, Frauenbildung und Frauenarbeit in Österreich. Hrsg. im Auftrag des Bundes Österreichischer Frauenvereine, Wien 1930, 34
„mit vorzüglichem Erfolg“: Qualifikationsliste: Österreichisches Staatsarchiv, Abteilung Kriegsarchiv, Personalakten, Pers. Quall: Grundbuchblatt und Qualifikationsliste Ottokar Hanzel. Karton: HANUSZ-HAQUI 961, Bogen 1
Biografische Angaben zu Mathilde Hanzel (geb. Hübner) nach: Bernold, Monika/Gehmacher, Johanna: Auto/Biographie und Frauenfrage. Tagebücher, Briefwechsel, Politische Schriften von Mathilde Hanzel-Hübner (1884-1970), Wien 2003
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Kapitel
- Wie kommt ein Briefwechsel in ein Archiv?
- Die ProtagonistInnen: Mathilde Hübner und Ottokar Hanzel
- Liebe, Heirat, Beruf
- Die Trennung beginnt
- ‚Kriegsbegeisterung‘ versus Sehnsucht nach Frieden
- Der ‚Treuebruch‘ Italiens 1915
- „… einmal muß dieser Krieg doch ein Ende haben?!“
- „… und morgen geht’s an ein fröhliches Werben f. den Frieden.“
- Schleichhandel, Preistreiberei und Selbstversorgung
- Eine Liebesbeziehung im Krieg