Liebe, Heirat, Beruf

Um 1904 lernte die damals 20-jährige Mathilde Hübner Ottokar Hanzel kennen. Sie bereitete sich damals gerade auf die Maturitätsprüfung vor und nahm in den Fächern Mathematik und Darstellende Geometrie Privatunterricht bei Ottokar Hanzel, der selbst gerade als Gymnasiallehrer für diese beiden Fächer ausgebildet wurde.

Zu Ostern 1905 erklärte Ottokar Hanzel seiner späteren Ehefrau „in Form eines Briefes [seine] Liebe“.


 

Kurz darauf begannen die beiden sich über ihre Beziehung auch schriftlich auszutauschen, was sich in einem Notizheft niederschlug, das den Titel „Wir“ trug. Das „‘Wir‘-Brieftagebuch“ eröffnete einen intimen Raum des Dialogs, in dem sich das junge Paar über seine Gefühle, die Liebesbeziehung und die gemeinsame Zukunft austauschen konnte.

Bereits 1907 schmiedeten Mathilde Hübner und Ottokar Hanzel erste Heiratspläne, doch der Tod von Mathilde Hübners Vater und Ottokar Hanzels verschobener Studienabschluss ließen das Vorhaben zunächst scheitern.

Ottokar Hanzel schloss drei Jahre später (1910) seine Ausbildung zum Gymnasiallehrer in Mathematik und Darstellender Geometrie ab und übte  diesen Beruf bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs aus. Da ein Studienabschluss sowie ein entsprechendes Einkommen Voraussetzungen für eine Eheschließung bildeten, stand nun auch der Vermählung des Paares nichts mehr im Wege.

Am 2. März 1910 heirateten die nunmehrige Bürgerschullehrerin und Hospitantin an der Technischen Universität Wien Mathilde Hübner und ihr vormaliger Privatlehrer Ottokar Hanzel. Im März 1911 wurde die erste Tochter des Paares geboren, im Mai 1914, die Zweite.

Nach der Eheschließung bezog das Paar eine Wohnung im 12. Wiener Gemeindebezirk, wo Mathilde Hanzel mit ihren beiden Töchtern auch während der vier Kriegsjahre lebte. Sie arbeitete weiterhin als Lehrerin – bis Anfang 1917 in der Bürgerschule Feldmühlgasse im 13. Wiener Gemeindebezirk; danach als Aushilfe in einer Schule in der Steinbauergasse, die sich in direkter Nähe der Wohnung befand. Im Juli 1918 wurde sie an die Mädchenbürgerschule Steinbauergasse 27 versetzt, wo sie nun permanent angestellt war.

Kurz vor der Geburt ihrer zweiten Tochter trat Mathilde Hanzel aus dem Vorstand des Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins zurück. Trotzdem setzte sie sich weiterhin für eine Verbesserung weiblicher Bildungschancen ein und engagierte sich seit dem Kriegsausbruch für Friedensinitiativen, wovon auch ihre Briefe zeugen.

Bibliografie 

Bernold, Monika/Gehmacher, Johanna: Auto/Biographie und Frauenfrage. Tagebücher, Briefwechsel, Politische Schriften von Mathilde Hanzel-Hübner (1884-1970), Wien 2003

Rebhan-Glück, Ines: Liebe in Zeiten des Krieges. Die Feldpostkorrespondenz eines Wiener Ehepaares (1917/18), in: ÖGL (2012), 56/3, 231–246

 

Zitate:

„in Form eines Briefes [seine] Liebe“: Bernold, Monika/Gehmacher, Johanna: Auto/Biographie und Frauenfrage. Tagebücher, Briefwechsel, Politische Schriften von Mathilde Hanzel-Hübner (1884-1970), Wien 2003, CD-ROM, 103

„‘Wir‘-Brieftagebuch“: Bernold, Monika/Gehmacher, Johanna: Auto/Biographie und Frauenfrage. Tagebücher, Briefwechsel, Politische Schriften von Mathilde Hanzel-Hübner (1884-1970), Wien 2003, CD-ROM, 103

Angaben zu den Wohn- und Lehrorten von Mathilde Hanzel (geb. Hübner) sowie biografische Angaben zu Mathilde und Ottokar Hanzel nach: Bernold, Monika/Gehmacher, Johanna: Auto/Biographie und Frauenfrage. Tagebücher, Briefwechsel, Politische Schriften von Mathilde Hanzel-Hübner (1884-1970), Wien 2003, CD-ROM, 205

Inhalte mit Bezug zu diesem Kapitel

Aspekt

  • Aspekt

    „In Verbindung bleiben“

    Der Erste Weltkrieg trennte oft über mehrere Jahre hinweg tausende Familien voneinander. Umso wichtiger war es für jeden Einzelnen, den Kontakt zu den Lieben in der Ferne aufrecht zu erhalten. Viele bis dahin im Schreiben ungeübte Menschen griffen nun zu Bleistift oder Füllfeder und versuchten, schriftlich mit ihren abwesenden Familien, Freunden und Bekannten in Verbindung zu bleiben.

Personen, Objekte & Ereignisse

  • Person

    Mathilde Hanzel (geb. Hübner)

    Die in Wien wohnhafte Bürgerschullehrerin Mathilde Hanzel engagierte sich während des Ersten Weltkriegs im Umfeld des Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins wiederholt für den Frieden.

  • Person

    Ottokar Hanzel

    Der im Zivilberuf als Gymnasiallehrer tätige Ottokar Hanzel aus Wien war während des Ersten Weltkriegs als Landsturm-Hauptmann an der Italienfront eingesetzt.