Die Helden vor der Kamera
Erfolgsnachrichten von der Front standen im Zentrum der militärisch-filmischen Propaganda. Die Technisierung und die Vernichtungseffizienz der Waffen wurden ebenfalls filmisch demonstriert. Die Militärs konnte man bei deren organisierten und durchdachten Einsatz beobachten.
„Die Filmstelle verfolgt mir ihren militärischen Filmaufnahmen den Zweck, die Ruhmestaten der Wehrmacht zu Wasser und zu Lande der Mitwelt zur Kenntnis zu bringen, das Leben der Soldaten bei der Armee im Felde und die Mitarbeit des Hinterlandes an dem Kriege zu zeigen.“
Aus: „Der österreichische Komet“, Nr. 429, 1918
Die heroisch überhöhte Präsentation der k. u. k. Truppen, bebilderte Erfolgsnachrichten und die damit einhergehende Deklaration von Machtansprüchen stand im Zentrum der Filmpropaganda. Ein besonders beliebtes Motiv waren die Gebirgseinsätze. Auf Anhöhen um und über 2.000 bis 3.000 Meter blieb meist wenig Raum für den Bewegungskrieg. Erbitterte Gefechte um jede Erhebung prägten schließlich die Kämpfe an der Alpenfront, die abschnittsweise bis 1918 andauerten. Zwölf blutige Isonzoschlachten fanden an der Südostfront zwischen Italien und Österreich-Ungarn statt. Tagelange Artillerievorbereitung auf engstem Raum, mühsame Munitionstransporte durch die Gebirgslandschaft, Angriffe der Infanterie, teilweise erbitterte Gegenwehr bis auf Nahkampfentfernung und das Ringen um jede Bergspitze zeichneten diese Auseinandersetzungen aus und fanden auch in Filmberichten („Ein Heldenkampf in Schnee und Eis“, A 1917) ihren Niederschlag. Nicht selten kam Sprengstoff zum Einsatz, um ganze Berggipfel mitsamt der feindlichen Besatzung zu vernichten. Doch auch die Natur suchte ihre Opfer. Im Kriegswinter 1916/17 starben mehr Soldaten durch Lawinen als durch feindlichen Kugelhagel. Ausgelöst wurden die Lawinen aber oftmals durch Artilleriebeschuss über den feindlichen Stellungen.
Propagandafilme wie die Produktion „Mit Herz und Hand fürs Vaterland“ (A 1915) verwiesen auf die moderne Kriegsführung. Funkvorrichtungen, Militärflugzeuge und Bombenangriffe wurden massenwirksam in Szene gesetzt. Sowohl an den „statischen“ Fronten im Westen Europas als auch im östlichen „Bewegungskrieg“ hatte die rasante Technisierung aber vor allem eine sprunghafte Steigerung der „Vernichtungseffizienz“ zur Folge. Die Feuerkraft des industrialisierten Massentötens erschütterte innerhalb weniger Monate die Vorstellungswelten traditionsgebundener Berufssoldaten. Kavalleristen gingen im Sperrfeuer von Artillerie und Maschinengewehren zugrunde. Gas-, Panzer- und Luftangriffe kündigten eine neue Kriegsführung an, die kaum Platz für das bisherige Standesdenken ließ: Das alte Offizierskorps, das sich an der Spitze der Truppen durch persönliche Tapferkeit auszeichnen wollte, erlitt besonders hohe Verluste.
Eine filmische Leerstelle bleibt die radikalisierte Kriegsführung auf dem Balkan und an der Ostfront, obwohl Fotoserien über Exekutionen von vermeintlichen oder tatsächlichen Spionen bzw. Kollaborateuren mit dem Feind zunächst durchaus bewusst als Abschreckung dienten und daher vor allem zu Kriegsbeginn veröffentlicht wurden. Die Gewaltausübung gegen Zivilisten blieb ausgeblendet. Französische, englische und niederländische Karikaturisten hatten hingegen allen voran ein anderes, durch und durch negatives Bild „des deutschen Soldaten“ geprägt: Der perfide Wissenschaftler, der das Giftgas erfunden hat, der Kulturbarbar, der Kirchen und Bibliotheken zerstört und der erbarmungslose Mörder, der Zivilisten erschießt.
Kessel, Martina: Gelächter, Männlichkeit und soziale Ordnung. ‚Deutscher Humor’ und Krieg (1870–1918), in: Lutter, Christina/Szöllősi-Janze, Margit/Uhl, Heidemarie (Hrsg.): Kulturgeschichte. Fragestellungen, Konzepte, Annäherungen, Innsbruck/Wien/München 2004, 97-116
Leidinger, Hannes/Moritz, Verena/Moser, Karin: Österreich Box 1: 1896–1918. Das Ende der Donaumonarchie, Wien 2010