Internationale Filmproduzenten dominierten die Kinematographie in ihrer frühen Periode. Um 1910 traten österreichische Filmpioniere auf den Plan, die das heimische Kino für zwei Jahrzehnte prägen sollten.

Das Filmprogramm der Wanderkinos dominierten französische Hersteller. In der Periode 1896 bis 1914 bezogen die Kinobetreiber ihre Lichtbilder zu 67,5 Prozent bei der Firma Pathé. Mit Raleigh & Roberts (6,1 Prozent), Eclipse (4,3 Prozent), Gaumont (3,5 Prozent) und Lumière (2,3  Prozent) fanden sich weitere französische Unternehmen unter den Hauptlieferanten. Erst danach folgte mit der Deutschen Bioskop (2,1 Prozent) ein anders verorteter Handelspartner. Ein Anteil von rund zwei Prozent wurde von den mobilen Kinobetreibern selbst gedreht.

Die Durchsetzung der festen Kinobetriebe brachte die Notwendigkeit mit sich, das Programm häufiger zu wechseln. Die Nachfrage nach Filmen, vor allem auch nach solchen, die dem lokalen Geschmack entsprachen, stieg stetig an und eröffnete heimischen Herstellern neue, erfolgversprechende Möglichkeiten. Ab 1906 hatten sich bereits einzelne kinematographisch Versierte in der Umsetzung von Filmaufnahmen versucht. Während Josef Halbritter vor allem Aktualitäten, wie den Blumenkorso oder das Traberderby im Prater, mit seiner Kamera festhielt, spezialisierte sich der gelernte Fotograf Johann Schwarzer auf „erotische Films“, die er über seine Firma „Saturn“ bis 1910 äußerst erfolgreich vertrieb.

Auch zwei der bedeutendsten österreichischen Filmpioniere starteten im Jahr 1906 erste, bescheiden ausfallende Filmversuche. Anton Kolm, der in Wien eine „fotografische Kunstanstalt“ betrieb, und sein Kameramann Jakob Fleck nahmen vorerst Firmungsbilder, Badeszenen im Gänsehäufel oder vorbeimarschierende Militärkapellen mit recht primitiven Apparaten in den Fokus. Für eine öffentliche Vorführung waren die Streifen aufgrund ihrer geringen Qualität nicht geeignet. Vier Jahre später hatten sich Kolm und Fleck bereits so umfassende kinematographische Fertigkeiten angeeignet, dass sie gemeinsam mit Louise Veltée-Kolm (spätere Fleck) die „Erste Österreichische Kinofilms-Industrie“ begründeten, die sich vorerst vor allem auf Aktualitäten und Landschaftsaufnahmen spezialisierte. Ende 1910 wurde das Unternehmen zur „Österreichisch-Ungarischen Kinoindustrie“ umgewandelt, 1911 fand sich das Dreiergespann in einer neuen Produktionsfirma, der „Wiener Kunstfilm“, ein. Das Team Kolm-Veltée-Fleck war unter anderem darauf bedacht, sich am österreichisch-ungarischen Markt zu profilieren, ein Gegengewicht zu den dominanten ausländischen Lieferanten zu bilden und im Aktualitätenbereich zu punkten, der bislang von französischen Unternehmen bedient wurde. Das Spektrum der von ihnen gedrehten Laufbilder war breit: Kurze dokumentarische Streifen von aktueller und visuell ansprechender Art sowie Spielfilme, wobei soziale Dramen und Literaturverfilmungen letztlich ins Zentrum der Produktion rückten.

1910 trat ein weiterer österreichischer Filmpionier erstmals in Erscheinung, der bis zum Ende des Ersten Weltkrieges zum schärfsten Konkurrenten des Gespanns Kolm-Veltée-Fleck avancieren sollte: Alexander „Sascha“ Joseph Graf Kolowrat-Krakowsky begründete 1910 im böhmischen Pfraumberg (tschech.: Přimda) die „Sascha-Filmfabrik“, deren Sitz er 1912 nach Wien verlegte. Die neue Produktionsfirma konzentrierte sich in den Vorkriegsjahren auf Naturaufnahmen, Sportreportagen und Aktualitäten. Die ersten Spielfilmversuche der „Sascha-Filmfabrik“ waren durchaus erfolgreich, so hatte man mit dem Komikerpaar „Cocl & Seff“ wahre Kassenmagneten gewonnen. Auch gelang es Kolowrat, die lebende Theaterlegende Alexander Girardi zu ihrem Leinwanddebüt in „Der Millionenonkel“ (A 1913) zu überreden. Der „Sascha-Filmfabrik“ sollte im Ersten Weltkrieg eine wichtige Rolle als zentrale Filmproduktionsstätte zufallen. 1915 wurde Kolowrat die Leitung der Filmstelle des Kriegspressequartiers – bis zu deren militärischen Neuorganisation 1917 – übertragen.

Bibliografie 

Bono, Francesco: Bemerkungen zur österreichischen Filmwirtschaft und Produktion zur Zeit des Stummfilms, in: Bono, Francesco/Caneppele, Paolo/Krenn, Günter: Elektrische Schatten. Beiträge zur österreichischen Stummfilmgeschichte, Wien 1999, 47-75

Kieninger, Ernst: Das „klassische Wanderkino“ 1896–1914. Filmkommunikation auf dem Weg zur Institution am Beispiel Niederösterreich und Umland, Diplomarbeit, Wien 1992

Krenn, Günter: Der bewegte Mensch – Sascha Kolowrat, in: Bono, Francesco/Caneppele, Paolo/Krenn, Günter: Elektrische Schatten. Beiträge zur österreichischen Stummfilmgeschichte, Wien 1999, 37-46

Inhalte mit Bezug zu diesem Kapitel

Personen, Objekte & Ereignisse

  • Person

    Alexander (Sascha) Kolowrat-Krakowsky

    Der Filmpionier Alexander Kolowrat-Krakowsky übernahm 1915 die Leitung der Filmstelle im Kriegspressequartier. Damit wurde sein 1910 gegründetes Unternehmen „Sascha-Filmfabrik“ zur zentralen Filmproduktionsstätte Österreich-Ungarns.