Varietés zählten schon vor der Jahrhundertwende, Wanderkinos noch bis 1910 zu den dominanten Film-Vorführungsorten Österreich-Ungarns. Die Filmknappheit der Pionierzeit verlangte ein variantenreiches Hauptprogramm bzw. einen raschen Ortswechsel.

Die Schausteller machten vor allem an stark frequentierten Orten, wie etwa an Bahnhöfen, Fabriken oder auch bei Jahrmärkten halt. Hier galt es, die Aufmerksamkeit potenzieller Zuschauer mit allen erdenklichen Mitteln zu gewinnen. Schon die bunt bemalten Wagenzüge zogen die Blicke an. Die illuminierten Fassaden der aufgestellten mobilen Kinoeinrichtungen leuchteten im nächtlichen Dunkel. Ausrufer kündigten die visuellen Sensationen an und konzentrierten das öffentliche Interesse auf das kurzweilig zu bestaunende Programm. Da das Repertoire aufgrund des permanenten Mangels an Filmkopien eingeschränkt war, erschöpfte sich das Publikumsinteresse an den oftmals nur 10–15 Minuten dauernden kinematographischen Darbietungen – vor allem in Kleinstädten – sehr schnell. Die meisten Laufbilder erzeugten kleingewerbliche Produzenten in geringen Mengen für den Eigenbedarf. Da es an einem ausgebildeten Verleihsystem mangelte, wurden die Filme direkt beim Erzeuger gekauft oder unter den Wanderunternehmern getauscht. Die erste professionelle Filmvertriebsorganisation der Monarchie lässt sich 1905 in Wien ausmachen.

Um 1910 hatte sich die Filmbranche zusehends industrialisiert. Die nun massenhaft erzeugten und immer aufwendiger gestalteten Filme verlangten nach einem beschleunigten Vertrieb und kalkulierbaren, fixen Abspielstätten. Die opulenten Inszenierungen vor, um und während der Vorführung wurden insofern obsolet, als die detailreicher und kostspieliger konzipierten und vor allem längeren Filme selbst zu autarken Bedeutungsträgern mutierten. Parallel entwickelte sich ein Star-System – die Darsteller wurden zu Anziehungsmagneten. In der Folge verlagerte sich die Aufführungspraxis vom Wanderkino hin zu festen Etablissements. In Wien lassen sich die ersten permanenten Lichtspieltheater in den Jahren 1903 bis 1905 nachweisen. 1908 erfolgte die Gründung des „Reichsverbandes der Kinematographenbesitzer“, in dem die Wanderkinounternehmer allerdings klar unterrepräsentiert waren. Auch nahmen die Betreiber ortsfester Einrichtungen gegenüber ihren Kollegen aus dem Schaubudenmilieu zunehmend eine ablehnende Haltung ein. Sie waren bestrebt, das Ansehen ihres Metiers über eine Distanzierung vom Jahrmarktbudenbetrieb hin zu einer Annäherung an das „künstlerisch hochwertig“ eingeschätzte Theater zu heben. 1909 existierten in der k. k. Residenzstaat bereits 62 ständige Kinos gegenüber 14 Wandereinrichtungen. 1913 zählte man im Gesamtgebiet der Habsburgermonarchie 400 kinematographische Betriebe, davon entfielen 200 auf Wanderunternehmer. In Wien wurden in diesem Jahr 130 permanente Lichtspieltheater statistisch erfasst.

Bibliografie 

Kieninger, Ernst: Das „klassische Wanderkino“ 1896–1914. Filmkommunikation auf dem Weg zur Institution am Beispiel Niederösterreich und Umland, Diplomarbeit, Wien 1992

Schwarz, Werner Michael: Kino und Kinos in Wien. Eine Entwicklungsgeschichte bis 1934, Wien 1992

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