Verena Moritz
Schwierige Heimkehr
Die Konsequenzen des Ersten Weltkrieges standen einer raschen Integration der Heimkehrer aus der Kriegsgefangenschaft oft im Wege. Neben weit verbreiteten wirtschaftlichen und sozialen Problemen ergaben sich in verschiedenen Ländern zudem weltanschaulich motivierte Konflikte.
„Rücktransport“ aus der Gefangenschaft
Die Heimkehr Hunderttausender Kriegsgefangener fand gegen und nach dem Ende des Ersten Weltkrieges unter revolutionären Rahmenbedingungen statt. Reguläre Evakuierungsmethoden waren im Gefolge der Umwälzungen in Mittel- und Osteuropa schwer durchführbar. Hinzu kam das Misstrauen der Heimatländer gegenüber den Gefangenen. Abwehrmaßnahmen wurden getroffen, die ebenfalls für Konfliktstoff sorgten.
Zeugen und Akteure der Revolution
Das Ende der Zarenherrschaft und den „Oktoberumsturz“ verbanden die Kriegsgefangenen in Russland vor allem mit der Hoffnung auf eine baldige Heimkehr. Den ideologischen Botschaften der Bolschewiki standen jene Soldaten, welche die Entstehung der Sowjetmacht und somit eine weltgeschichtliche Wende hautnah miterlebten, allerdings meist weniger positiv gegenüber.
Die Bedeutung der Gefangenenarbeit
Eigentlich sollten laut Haager Landkriegsordnung von 1907 die gefangenen Mannschaftsangehörigen keine Tätigkeiten verrichten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Kriegsanstrengungen standen. Tatsächlich aber waren viele Feindsoldaten, die sich im Gewahrsam der gegnerischen Truppen befanden, sogar im Frontbereich beschäftigt. Ganz allgemein stellte sich für einige Länder die Frage, ob die „fremden Militärpersonen“ nicht aus ökonomischer Sicht unentbehrlich geworden waren.
Das Verhältnis der Kriegsgefangenen zur Zivilbevölkerung
Die Militärbehörden waren bestrebt, die in ihrer Gewalt befindlichen Feindsoldaten möglichst von der eigenen Zivilbevölkerung fernzuhalten. Im Laufe der Zeit mussten sie aber feststellen, dass es zu regelrechten Verbrüderungen kam. Fremde und Einheimische waren in ähnlicher Weise von der wachsenden ökonomischen, sozialen und politischen Krise betroffen.
Nationale Propaganda unter Kriegsgefangenen
Vielvölkerreiche durch die Unterstützung nationaler Oppositionsbewegungen zu schwächen, gehörte zu den Strategien vieler kriegführender Mächte. Dass auch die multiethnischen Monarchien der Romanows und der Habsburger selbst derartige Methoden anwandten, erwies sich jedoch als gefährliches Spiel.
Hilfsmaßnahmen für Kriegsgefangene
Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen setzte sich das Ziel, die zahlreichen Unzulänglichkeiten des Kriegsgefangenenwesens zu beseitigen. In letzter Konsequenz scheiterten jedoch alle Initiativen an den Dimensionen der Problematik.
Humanitäre Katastrophen in der Gefangenschaft
Schon das Warten auf den Sammelplätzen und der Abtransport in das Hinterland waren für die vielfach hungernden und oft verwundeten Gefangenen mit ungeheuren Strapazen und Leiden verknüpft. An den Zielorten im Hinterland fehlte es vor allem anfangs an zumutbaren Quartieren. Die Lager in Mittel- und Osteuropa, Sibirien und Zentralasien wurden Schauplätze des Massenelends und des Massensterbens. Österreich-Ungarn bildete dabei keine Ausnahme.
Die Situation der Kriegsgefangenen in Österreich-Ungarn
Bereits im Spätsommer 1914 zeigte man sich in der 10. Abteilung des k. u. k. Kriegsministeriums, die sich mit den Kriegsgefangenenagenden befasste, vom raschen Anwachsen der Kriegsgefangenenzahlen überrascht. Immerhin befanden sich bis Ende des ersten Kriegsjahres rund 200.000 feindliche Heeresangehörige in der Hand der Donaumonarchie, womit die Militärbehörden vor neuen Herausforderungen standen.