Propaganda: Psychologische Kriegsführung im Ersten Weltkrieg

Der Erste Weltkrieg war von einer bis dahin nicht gekannten Mobilisierung der Massen gekennzeichnet. Gezielte Propaganda wurde in der Habsburgermonarchie ebenso wie in allen anderen kriegsführenden Staaten zu einem wesentlichen Element der Kriegsstrategie. Männer und Frauen, Alte und Kinder, Kampffront und Hinterland sollten eine gemeinsame "Meinungsfront" bilden.

Der gezielte Einsatz staatlicher Propaganda bedeutete eine neue Qualität der Kriegsführung. Immer besser ausgereifte technische Mittel und intensiver persönlicher Einsatz professionalisierten die offizielle ‚Meinungsmache‘ und drängten öffentlich geäußerte Kritik und Zweifel ins Abseits. Die jeweils eigene Bevölkerung sollte durch die staatliche Propaganda von einer bestimmten Auffassung des Krieges überzeugt und alle Kräfte des Landes für die Kriegsziele mobilisiert werden. Die politische Führung beschwor die gesamtstaatliche Einheit und emotionale Verbundenheit des Volkes. Zugleich wurde jeder zum Verräter stilisiert, der die offizielle Darstellung in Zweifel zog.

Mit propagandistischen Mitteln wurde die Kriegsführung auf die gegnerische Bevölkerung ausgeweitet. Es galt, den Gegner nicht nur militärisch zu schlagen, sondern auch die Bevölkerung in dessen Hinterland durch gezielte Propaganda zu demoralisieren. Gegenüber den neutralen Staaten versuchten die kriegsführenden Mächte ihre Position zu rechtfertigen und der gegnerischen Seite die Kriegsschuld zuzuschreiben. Hier lautete der Vorwurf, einen völkerrechtswidrigen Krieg zu führen.

Die Instrumente der Beeinflussung waren vielfältig und wurden in allen kriegführenden Staaten eingesetzt. In unterschiedlicher Geschwindigkeit und Professionalität begleiteten sie die Kampfhandlungen medial und machten den Krieg über die Front hinweg wahrnehmbar. Durch die ‚modernen’ Massenkommunikationsmittel konnte der Aktionsradius erheblich erweitert werden. Dokumentar-, Propaganda- und Spielfilme glorifizierten den Kriegseinsatz, Plakate warben für das persönliche Kriegsengagement jedes und jeder Einzelnen und die Postkartenindustrie vervielfältigte patriotische Motive und Propagandaparolen. Flugblätter verbreiteten politisch gefärbte Informationen, Karikaturen denunzierten die Kriegsgegner und propagierten nationale Stereotypen. Ausstellungen popularisierten den Krieg breitenwirksam und heroisierten die eigenen Truppen und Bündnispartner. Durch den gezielten Einsatz der (Bild-)Propaganda wurde der Krieg als Gegenstand des visuellen Konsums im Alltag präsent.

 

Bibliografie 

Džambo, Jozo (Hrsg.): Musen an die Front! Schriftsteller und Künstler im Dienst der k. u. k. Kriegspropaganda 1914-1918. Begleitband zu gleichnamigen Ausstellung des Adalbert-Stifter-Vereins, München 2003

Jeismann, Michael: Propaganda, in: Hirschfeld, Gerhard/Krumeich, Gerd/Renz, Irene (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg, Paderborn/München/Wien 2009, 198-209

Mayer, Klaus: Die Organisation des Kriegspressequartiers beim k. u. k. AOK im Ersten Weltkrieg 1914-1918, Unveröffentlichte Dissertation, Universität Wien, Wien 1963.

Rother, Rainer (Hrsg.): Die letzten Tage der Menschheit. Bilder des Ersten Weltkrieges. Eine Ausstellung des Deutschen Historischen Museums Berlin, der Barbican Art Gallery, London und der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz in Verbindung mit dem Imperial War Museum, London, Berlin 1994

Schwendinger, Christian: Kriegspropaganda in der Habsburgermonarchie zur Zeit des Ersten Weltkriegs. Eine Analyse anhand fünf ausgewählter Zeitungen, Hamburg 2011

 

Inhalte mit Bezug zu diesem Kapitel

Aspekt

Personen, Objekte & Ereignisse

  • Objekt

    Überwachung & Kontrolle

    Der Alltag in der Habsburgermonarchie war von Propaganda, Überwachung und Kontrolle gekennzeichnet. Die vielen „weißen“ Flecken in den Tageszeitungen zeugen davon ebenso wie Eingriffe in private Briefe und Telegramme. Gleichzeitig wurde durch Bild, Text und Ton versucht, ein einheitliches und kriegsbejahendes Stimmungsbild zu verbreiten. Ausgeschlossen davon waren nicht einmal die jüngsten Bewohner des Reiches; auch die Schulen der Monarchie wurden zu Orten der staatlichen Einflussnahme.