Die Lichtbild- und Photostelle des KPQs
In der zweiten Kriegshälfte verlagerte sich der Fokus der Kriegsberichterstattung auf das Medium der Fotografie. Durch den Einsatz offizieller Kriegsfotografen verfolgte das KPQ den Anspruch, die visuelle Wahrnehmung des Krieges in der Öffentlichkeit zu lenken.
Zu Kriegsbeginn legte das Kriegspressequartier (KPQ) den Fokus offizieller Kriegsdarstellung auf die schriftliche Berichterstattung und klassische Militär- und Schlachtenmalerei. Erst mit dem neuen Leiter Oberst Wilhelm Eisner-Bubas entstand im Frühjahr 1917 ein Bewusstsein für die manipulative Kraft der Fotografie. Schrittweise ging das KPQ dazu über, Strukturen für die staatliche Lenkung fotografischer Aufnahmen zu schaffen und die Bildpropaganda ins Zentrum meinungslenkender Bemühungen zu stellen. Von nun an bildete die Lichtbild- und Photostelle die Zentrale für Bildpropaganda, in der die offizielle Bildberichterstattung in Auftrag gegeben, zensuriert und weiterbearbeitet wurde.
Strategie des Kriegspressequartiers war, seine Monopolstellung über die bildliche Darstellung des Krieges auszubauen. Die Bildproduktion sollte angeregt, zugleich aber strengstens überwacht und reguliert werden, sodass die illustrierte Presse kaum mehr von privaten Agenturen beliefert wurde. Durch diese Medienkonzentration unter staatlichem Druck entsprachen die publizierten Bilder in den Kriegsjahren weitgehend den Ansprüchen staatlicher Propaganda.
Erfahrene PressefotografInnen etablierter Zeitungen und BerufsfotografInnen wurden rekrutiert und als offiziell akkreditierte KriegsfotografInnen an die Front geschickt. Für sie bedeutete die Aufnahme in das Kriegspressequartier nicht nur einen Karrieresprung, sondern auch Schutz vor dem Frontdienst. Teils konnten sie weiterhin für ihre Zeitungen und Fotoagenturen arbeiten, in erster Linie unterstanden sie aber der Befehlshierarchie des KPQs.
In den Kriegsgebieten wurden die PressefotografInnen in den sogenannten Photostellen koordiniert und mit der Aufgabe betraut, neben militärisch zweckdienlichen Bildern Fotografien für Presse und Propaganda zu schießen. Der Krieg sollte von seiner heroischen Seite gezeigt werden: erfolgreiche Schlachtzüge, besiegte Gegner und Herausforderungen des alltäglichen Soldatenlebens wurden gekonnt in Szene gesetzt. Das Arbeitspensum der Kriegsfotografen lag je nach Einsatzgebiet bei fünf bis sechzig Bildern monatlich, teilweise lieferten sie aber auch Hunderte Fotografien von den Kriegsschauplätzen. Allerdings gelang es nur den wenigsten, die Bilder unter ihrem eigenen Namen zu publizieren, die meisten Fotografen blieben in der Anonymität.
Die Lichtbild- und Photostelle des Kriegspressequartiers sammelte die Fotografien systematisch, zensurierte für Propagandazwecke untaugliche Bilder und belieferte die Presse im In- und Ausland mit Bildmaterial. Darüber hinaus wurden die Fotografien in Ausstellungen gezeigt, als Werbematerial genutzt und an Schulen und Verlagsanstalten weitergegeben.
Holzer, Anton: Die andere Front. Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg, Darmstadt 2007
Paul, Gerhard: Bilder des Krieges – Krieg der Bilder. Die Visualisierung des modernen Krieges, München 2004
-
Kapitel
- Public Relations im Ersten Weltkrieg: Die staatliche Organisation der Kriegsberichterstattung
- Die Lichtbild- und Photostelle des KPQs
- „Embedded Photography“: Kriegsfotografen als Teil der militärischen Logistik
- Fotografie als Waffe: Aufklärung, Vermessung, Dokumentation
- Wer fotografiert den Krieg? Knipser, Amateure, Fronttouristen
- Der Bilderkanon des Ersten Weltkrieges im Spiegel der illustrierten Presse
- Der Fotograf als Dokumentarist: Der Blick der Amateure
- Weltkriegsfotografie zwischen traditioneller Bildkonvention und Moderne