Public Relations im Ersten Weltkrieg: Die staatliche Organisation der Kriegsberichterstattung
Mit dem Ausbau der Kriegspropaganda verfolgte das Kriegspressequartier (KPQ) das Ziel, die Medienöffentlichkeit militärisch zu lenken. Kontrolle und Zensur sollten dafür Sorge tragen, dass keine unautorisierten Texte und Bilder an die Öffentlichkeit gelangten
Bereits einen Monat nach Kriegsausbruch wurde unter der Leitung von Maximilian Ritter von Hoen das Kriegspressequartier (KPQ) als zentrale Einrichtung der militärischen Propaganda Österreich-Ungarns gegründet. In den folgenden Jahren koordinierte man von hier aus alle Propagandaaktivitäten. Gleichzeitig fungierte das KPQ in Zusammenarbeit mit dem Kriegsüberwachungsamt (KÜA) als Pressezensurstelle. Darüber hinaus gehörten die Beeinflussung der öffentlichen Meinung im In- und Ausland, der Pressedienst und die Kriegsberichterstattung zu den zentralen Aufgaben. In der Befehlshierarchie war das KPQ dem Armeeoberkommando (AOK) unterstellt, bei dem alle Informationen über das Kriegsgeschehen zusammenliefen.
Die staatliche Propaganda konzentrierte sich in den ersten Kriegsjahren auf schriftliche Berichte über den Krieg. Um sicherzugehen, dass nur im Sinne des Kriegsüberwachungsamtes (KÜA) berichtet wurde, war die Zahl der zugelassenen JournalistInnen reglementiert, ihre Meldungen unterlagen einer strengen militärischen Kontrolle und Zensur. Berichtet werden durfte ausnahmslos, was das Ansehen der Monarchie erhöhte. Die Veröffentlichung von Informationen, die Unsicherheit unter der Bevölkerung verbreiten, die Moral der Truppen untergraben oder gar dem Feind nützlich sein konnten, war untersagt.
Demgemäß erfüllten die KriegsberichterstatterInnen des Kriegspressequartiers eine wichtige Rolle in der k. u. k. Propagandamaschinerie. Organisiert in der Pressegruppe verarbeiteten sie militärische Informationen, veröffentlichten diese in der Österreichisch-Ungarischen Kriegskorrespondenz und leiteten das zensurierte Nachrichtenmaterial an die Presse weiter. Im Einklang mit dem offiziell propagierten Bild des Krieges formulierten sie Aussagen über den Kriegsverlauf, unternahmen staatlich organisierte Frontreisen und verfassten Berichte über einzelne Frontabschnitte.
Inhaltlich entnahmen die KriegsberichterstatterInnen die meisten Informationen den Heeresberichten des Armeeoberkommandos, die sie zu möglichst lebendigen Reportagen ausschmückten. Ihre Berichte sollten den Anschein erwecken, direkt von der Front zu stammen. Tatsächlich aber war der Informationsstand der JournalistInnen des KPQ beschränkt, auch sie waren nur zu jenen Frontabschnitten zugelassen, an denen die Heeresleitung mit Erfolgen rechnete. Eine objektive Berichterstattung war unter diesen Umständen nicht möglich. Stattdessen waren die Frontberichte meist subjektive Romantisierungen des Krieges, heroisierten die Soldaten und bargen wenig Aussagekraft über den tatsächlichen Kriegsverlauf.
Die Berichterstattung in den Zeitungen folgte im Wesentlichen den amtlichen Mitteilungen des KPQs. Große Verluste der k. u. k. Truppen wurden anfangs stark zeitverzögert publiziert, später fanden sie keine Erwähnung mehr. Berichte über operative Maßnahmen und den Kriegsverlauf durften nicht veröffentlicht werden, stattdessen wurden Niederlagen der Gegner drastisch hervorgehoben und die Tapferkeit der österreichisch-ungarischen Truppen betont. Schwierigkeiten wurden erst dadurch erkennbar, dass Meldungen ausblieben. Daraus ergab sich, dass der Informationsstand der Bevölkerung im Verlauf des Krieges dramatisch sank.
Egyden, Marie-Therese: Die Kriegsberichterstattung, in: Rauchensteiner, Manfried (Hrsg.):von Waffentreue. Die 12. Isonzoschlacht 1917. Begleitband zur Ausstellung des Österreichischen Staatsarchivs, Wien 2007, 65-76
Holzer, Anton: Die andere Front. Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg, Darmstadt 2007
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Kapitel
- Public Relations im Ersten Weltkrieg: Die staatliche Organisation der Kriegsberichterstattung
- Die Lichtbild- und Photostelle des KPQs
- „Embedded Photography“: Kriegsfotografen als Teil der militärischen Logistik
- Fotografie als Waffe: Aufklärung, Vermessung, Dokumentation
- Wer fotografiert den Krieg? Knipser, Amateure, Fronttouristen
- Der Bilderkanon des Ersten Weltkrieges im Spiegel der illustrierten Presse
- Der Fotograf als Dokumentarist: Der Blick der Amateure
- Weltkriegsfotografie zwischen traditioneller Bildkonvention und Moderne