Trotz aller Probleme erreichte die Rüstungsproduktion in der Donaumonarchie in den Jahren 1916 und 1917 ihren Höhepunkt. Umso dramatischer war der Absturz der Produktion im letzten Kriegsjahr. Zugleich verschärften sich die sozialen Auseinandersetzungen.
Der Höhepunkt der ökonomischen Kriegsleistung war in Österreich in den Jahren 1916 und 1917 erreicht. Danach kam es zu einem starken Leistungsabfall in der Rüstungsproduktion, der sich – begleitet von immer größeren Versorgungs- und Transportproblemen – 1918 beschleunigte. Die Monarchie war, wie Kurt W. Rothschild schrieb, schon bevor sie Ende 1918 zerfiel, kein „solventes Unternehmen“ mehr.
Die hohen Produktionsziffern für den Rüstungssektor – so wurden 1917 7.700 Geschütze erzeugt gegenüber 1.700 im Jahr 1915, 15.400 Maschinengewehre gegenüber 1.200 (1914) und 7,7 Mio. Granaten gegen 0,3 Mio. (1914) – dürfen nicht über den stetig voranschreitenden Prozess der 'Entgüterung' der Wirtschaft hinwegtäuschen, der sich in zunehmendem Maß bemerkbar machte und der vor allem im Rohstoffmangel und in einer völlig unzureichenden Investitionstätigkeit im Nicht-Rüstungsbereich zum Ausdruck kam. Insgesamt war der Zustand des industriellen Apparates der Monarchie am Ende des Krieges weitaus schlechter als 1914, weil in den zivilen Sektoren verschlissene Produktionsmittel nicht ersetzt wurden. Auch die enormen Verluste an Menschenleben – 1 Million von 8 Millionen Soldaten starben – müssen zu dem Phänomen der 'Entgüterung' gerechnet werden, auch wenn sich diese Verluste nicht unmittelbar in Zahlen ausdrücken lassen.
Insgesamt dürften die gesamten Kriegskosten der Monarchie ungefähr dem Volkseinkommen Österreich-Ungarns im Jahr 1914 entsprochen haben. Sie verschlangen in den Jahren 1914 bis 1918 schätzungsweise ein Viertel bis zu einem Drittel des laufenden Volkseinkommens. Der volkswirtschaftliche Wertzuwachs eines ganzen Jahres war im wahren Sinn des Wortes 'verpulvert' worden. Wirtschaftlich gesehen waren die Mittelmächte den Alliierten weit unterlegen (siehe die Tabelle). Zudem schnitt die Blockade der Meere sie zunehmend vom Nachschub von Rohstoffen ab.
Die Überbeanspruchung der Ressourcen durch die Materialschlachten führte 1915 zu Engpässen in der Versorgung der österreich-ungarischen (wie auch der deutschen) Armee, denen man im Deutschen Reich mit dem sogenannten „Hindenburg-Programm“ zu begegnen suchte. Die Jahre 1916 und 1917 bildeten den Höhepunkt der Rüstungsanstrengungen der Mittelmächte. Die Rüstungsproduktion konnte so zwar 1916 auch in Österreich-Ungarn beträchtlich gesteigert werden. Doch bereits 1917 zeigte sich, dass die ambitionierten Ziele des Programms auf Dauer nicht ereicht werden konnten. Grund dafür waren neben der Erschöpfung der menschlichen Ressourcen immer wieder auftretende Engpässe vor allem im Ernährungssektor und im Transportwesen. Bereits 1917 sank die Produktion in den kriegswichtigen Bereichen Eisen und Stahl wieder ab. 1918 machten sich zunehmend Desorganisationssymptome (verstärkt durch soziale Unrast in den Betrieben) bemerkbar.
Clark, Christopher: Die Schlafwandler. Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog, München 2013
Janz, Oliver: Der Große Krieg, Frankfurt am Main 2013
Rauchensteiner, Manfried: Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie, Wien/Köln/Weimar 2013
Schulze, Max-Stephan: Austria-Hungary´s economy in World War I, in: Schulze, Max-Stephan/Harrison, Mark: The Economics of World War I, Cambridge 2005, 77-111
Wegs, Robert J.: Die österr. Kriegswirtschaft 1914 – 1918, Wien 1979
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Kapitel
- Die tieferen Ursachen des Ersten Weltkrieges
- Die Torheit der damals Regierenden
- Schumpeters Imperialismus-Theorie: Drängte das 'Großkapital' zum Krieg?
- Ein Staat, der über seine Verhältnisse lebt
- Probleme der Kriegswirtschaft
- Höhepunkt und Absturz der ökonomischen Kriegsleistung
- Verschiebungen in der Produktionsstruktur
- Die Änderung der sozialen Kräfteverhältnisse im Verlauf des Krieges