Filmische Faszination: die Maschine in der Kriegspropaganda

Neue Energieträger und Motoren veränderten die industrielle Produktion und den Arbeitsalltag. Schon bald entstand das Genre des Industriewerbefilms, das den technischen Fortschritt über Nah- und Detaileinstellungen noch stärker zu visualisieren vermochte. Gerade im Krieg entstanden zahlreiche Filme, welche allen voran die Leistungsfähigkeit der kriegswichtigen k. u. k. Betriebe unter Beweis stellen sollten.

Die neuen Energieträger Petroleum, Gas und Elektrizität veränderten den Alltag und die Arbeitswelt gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Durch das künstliche Licht wurde der Tag länger, die Produktions- und Arbeitsabläufe in den Fabriken änderten sich tiefgreifend. Moderne Motorenantriebe kamen zum Einsatz, kleinere automatische Arbeitseinheiten entstanden und leiteten das Fließbandzeitalter ein. Die standardisierte Herstellung von Produkten war möglich und führte im ausgehenden 19. Jahrhundert zur Einführung erster einheitlicher Normierungen bei komplexen Stückgütern (etwa bei Fahrrädern, Nähmaschinen, Waffen etc.).

Parallel dazu nahm die Faszination für Mobilisierung und Mechanisierung stetig zu. Moderne Produktionsweisen und neue technische Errungenschaften wurden nicht nur in Fachkreisen diskutiert, sie fanden auch gezielt Eingang in die Filmproduktion. Die Leistungsfähigkeit der heimischen Wirtschaft wurde über Aufnahmen großindustrieller Betriebe und deren hochtechnisierte Produktionsweisen betont. Dabei lassen sich wiederkehrende Stilmittel ausmachen, die sowohl einen repräsentativen als auch einen informativ-belehrenden Charakter aufweisen. Allen voran werden der Blick und die inhaltliche Ausrichtung durch die erklärenden Zwischentitel gelenkt und organisiert. Sie trennen die jeweiligen Aufnahmen, ordnen die Bilder, weisen ihnen eine vorgegebene Interpretation zu. Über weite Strecken bleiben sie pragmatisch, erläutern sachlich reduziert den dargebotenen Produktionsprozess.

Auch die Industriewerbefilme des Kriegspressequartiers zeugen von einer durchdachten Darstellung der qualitativ hochwertigen, präzisen, kontrollierten Herstellung der kriegswichtigen Güter. Der Film „Werdegang einer Soldatenmontur. Aufgenommen in den Spinnereien, Webereien und mechanischen Konfektionsfabriken der Firma Wilhelm Beck und Söhne“ (A 1917) etwa versucht, Historie und Tradition mit der „mechanisierten Moderne“ zu verbinden. Während zu Beginn die Tuchfabrikation anno 1727 in Kupferstichen dokumentiert wird, sollen die darauf folgenden Industrieaufnahmen den mittlerweile erfolgten technischen Fortschritt der Branche unter Beweis stellen. Räderwerke, Motoren und Fließapparaturen in totalen und nahen Einstellungen visualisieren eine moderne, auf Maschinen basierende Produktionsweise. Die Untersuchung des Objekts und des Verarbeitungsprozesses stehen im Mittelpunkt. Mittels näherrückender Einstellungsgrößen (Halbnah, Nah, Groß, Detail) werden die Maschinen optisch abgetastet, technische Verarbeitungsvorgänge Schritt für Schritt beobachtet. Was dem Auge bislang verborgen blieb, wird nun sichtbar gemacht.

Weiterhin werden Mitarbeiter gebraucht, um Spulen zu wechseln, Fäden zu spannen, Hebel zu bedienen, Stoffe richtig einzulegen oder mit Spezialnäh- und Bügelgeräten das Tuch weiterzuverarbeiten. Die totale Mechanisierung der Fertigung ist noch lange nicht erfolgt. Der Topos der Qualitätssicherung wird hier, wie in so vielen Kriegsindustriefilmen, klar ersichtlich: Laufend werden Rohstoffe, Zwischenprodukte und Stoffe durch (Fach-) Arbeiterinnen und Arbeiter, im Monturdepot schließlich auch von hochrangigen Militärs, geprüft. Die Güte und den Wert der Uniformen unterstreicht letztlich auch das Schlussbild: Eine Lagerwache bezieht vor dem Bekleidungsdepot Stellung.

Bibliografie 

Eigner, Peter/Helige, Andrea (Hrsg.): Österreichische Wirtschafts- und Sozialgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, Wien/München 1999

Weitensfelder, Hubert: Technischer Wandel und Konsum im 19. und frühen 20. Jahrhundert, in: Breuss, Susanne/Eder, Franz X. (Hrsg.): Konsumieren in Österreich 19. und 20. Jahrhundert, Wien 2006, 105-123

Inhalte mit Bezug zu diesem Kapitel

Personen, Objekte & Ereignisse

  • Objekt

    Überwachung & Kontrolle

    Der Alltag in der Habsburgermonarchie war von Propaganda, Überwachung und Kontrolle gekennzeichnet. Die vielen „weißen“ Flecken in den Tageszeitungen zeugen davon ebenso wie Eingriffe in private Briefe und Telegramme. Gleichzeitig wurde durch Bild, Text und Ton versucht, ein einheitliches und kriegsbejahendes Stimmungsbild zu verbreiten. Ausgeschlossen davon waren nicht einmal die jüngsten Bewohner des Reiches; auch die Schulen der Monarchie wurden zu Orten der staatlichen Einflussnahme.