Am 27. Juli 1914 erbat Außenminister Berchtold von Kaiser Franz Joseph die Unterzeichnung der Kriegserklärung. Dies geschah ausdrücklich mit dem Hinweis, dass nun rasches Handeln gefragt sei, um mit der Schaffung von Tatsachen einer eventuellen Friedensinitiative der Triple-Entente zuvorzukommen.
Gleichzeitig traf die Meldung eines Schusswechsels zwischen österreichischen und serbischen Einheiten an der serbischen Grenze ein, die sofort an Franz Joseph weitergeleitet wurde. Mit diesem Wissen unterschrieb der Monarch noch am selben Tag in seinem Sommersitz Bad Ischl die Kriegserklärung an Serbien, in der auf diesen vermeintlichen Schusswechsel eingegangen wird. Am Morgen des 28. Juli wurde aber bekannt, dass dies eine – möglicherweise bewusst lancierte – Falschmeldung war und der serbische Angriff niemals stattgefunden hatte. Außenminister Berchtold strich nun die betreffende Passage in der vom Kaiser unterzeichneten Kriegserklärung und veröffentlicht diese. Franz Joseph erfuhr davon jedoch erst am 29. Juli, als die Kriegserklärung bereits unterschrieben und veröffentlicht war.
Die offizielle Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien vom 28. Juli hatte eine fatale Kettenreaktion zur Folge. Die Eskalation begann: Am 30. Juli wurde in Russland die Generalmobilmachung angeordnet. Am 31. Juli wurde diese auch in Österreich-Ungarn verlautbart. Die Kriegsmaschinerie setzte sich in Bewegung.
Am 1. August gab Deutschland, nachdem es Petersburg ein Ultimatum gestellt hatte, in dem die Rücknahme der eben erfolgten Anordnung der Generalmobilisierung gefordert wurde – eine Forderung, die umgehend vom russischen Außenminister abgelehnt wurde – bekannt, dass es sich nun mit Russland im Kriegszustand befände. Getragen von einer Welle der Kriegsbegeisterung, erklärte Berlin wenige Tage darauf, am 3. August, schließlich auch Frankreich den Krieg. Nach dem deutschen Einmarsch in Belgien folgte am 4. August die Kriegserklärung Großbritanniens an Deutschland. Die Hoffnung Berlins auf eine britische Neutralität zerschlug sich nun endgültig.
Auch die Donaumonarchie wurde in den Strudel der Eskalation hineingezogen. Auf die Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Russland (6. August) folgte im Gegenzug am 12. August die Kriegserklärung Großbritanniens und Frankreichs an die Habsburgermonarchie.
Verkompliziert wurde die Entwicklung durch die Positionierung weiterer Staaten wie Belgien sowie einer Reihe von Balkanstaaten und dem Osmanischen Reich auf beiden Seiten der feindlichen Großmachtblöcke. Die Ausweitung des Krieges zu einem globalen Konflikt erfolgte durch den Einstieg Japans als Gegner der Mittelmächte Ende August 1914.
Bihl, Wolfdieter: Der Erste Weltkrieg 1914–1918. Chronik – Daten – Fakten, Wien/Köln/Weimar 2010
Hirschfeld, Gerhard/Krumeich, Gerd/Renz, Irina (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Aktualisierte und erweiterte Studienausgabe, Paderborn/Wien [u.a.] 2009
Leidinger Hannes/Moritz, Verena: Der Erste Weltkrieg, Wien [u.a.] 2011
Rauchensteiner, Manfried: Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie 1914–1918, Wien u. a. 2013