Der Glanz der Montur erlischt

Bereits kurz nach Kriegsausbruch hatten sich die Aufmachung und Erscheinung der k. u. k. Soldaten stark verändert, wofür vor allem die Knappheit an geeigneten Rohstoffen und die bis dahin verwendeten untauglichen Monturen verantwortlich waren.

Die Adjustierungsvorschrift für das k. u. k. Heer aus den Jahren 1910/11 setzte als Farbe der Monturen Hechtgrau fest, wobei die Kavallerie davon ausgenommen war. Die Monturen, die Ausrüstung sowie die Waffen wurden dem Soldaten aus militär-ärarischem (also staatlichem) Besitz zugeteilt; alle anderen Dinge, wie etwa Tabak, Pfeifen, Nähzeug für das Instandhalten der Uniformen oder Utensilien für die persönliche Körperpflege hatte der Soldat aus privatem Besitz beizusteuern. Da, so Isabelle Brandauer, Hechtgrau schon bald als „zu auffällig“ für die Verwendung im Felde galt und sich auch die Produktion als „zu aufwendig“ herausstellte, führte man im Jahr 1915 Feldgrau als Uniformfarbe ein; dies betraf nun auch die Kavallerie. Zusätzlich wurde Ende des Jahres 1916 eine einheitliche Adjustierung für alle Truppengattungen bestimmt. Dies erleichterte die Produktion und Beschaffung von Nachschub, denn anstelle der bis dahin verwendeten unterschiedlichen Hosen-, Blusen- und Mäntel-Modelle sollten nun einheitlich angefertigte Kleidungsstücke verwendet werden.

Relativ rasch nach Kriegsbeginn setzte eine eklatante Knappheit an Monturen ein, die die weiteren Kriegsjahre über anhielt. Verantwortlich dafür war vor allem, so wiederum Brandauer, das Fehlen von wichtigen Rohstoffen, wie etwa Baum- oder Schafwolle, beides Materialien, „die bereits zu Friedenszeiten fast zur Gänze importiert werden mussten“. Angesichts dieser Verknappung sah man sich genötigt, schlechte Ersatzstoffe, wie die Kunstwollfaser oder die Brennnessel-Faser, zu verwenden. Die zunehmend schlechter werdende Qualität der verwendeten Uniformen bekamen die Soldaten an der Front zu spüren, wenn sie keine ausreichend warme oder vor Nässe schützende Kleidung tragen konnten.

Dabei waren es gerade die Mannschaftssoldaten, die dazu angehalten wurden, der Mangelsituation durch das regelmäßige Reinigen ihrer Uniformen, vor allem von Ungeziefer wie Läusen, und durch stetes Flicken, Stopfen und Nähen zu begegnen. Von offizieller Seite verfolgte man auch das Ziel, alte Monturen, soweit dies möglich war, wieder zu verarbeiten beziehungsweise die durch den Tod ihrer Träger nicht mehr ‚gebrauchten‘ Uniformen einer weiteren Verwendung zuzuführen.

Um die Bekleidung der Soldaten ausreichend von Schmutz, Schweiß und meist auch von Läusen zu säubern, wurden sogenannte „Felddampfwäschereien“ erbaut, in denen die Wäschestücke gereinigt und desinfiziert wurden. Oftmals befanden sich dort auch Waschgelegenheiten und Entlausungseinrichtungen für die Soldaten.

Trotz der offensichtlichen Schwierigkeiten bei der Versorgung der Truppen mit sauberen und zweckmäßigen Uniformen beharrte man darauf, dass die Mannschaften ‚tadellos‘ adjustiert in Erscheinung traten. Das betraf einerseits ihr körperliches Erscheinungsbild, vor allem das Kopfhaar und den Bart, die nicht nur gepflegt, sondern regelmäßig auf die vorgeschriebene Mindestlänge gekürzt werden sollten. Andererseits wurden durch die vorgesetzten Offiziere regelmäßig Visiten durchgeführt, die meist an Sonntagen stattfanden und bei denen sowohl Montur als auch Ausrüstung und Schuhwerk der Soldaten genauestens begutachtet wurden.

 

 

Bibliografie 

Brandauer, Isabelle: Menschenmaterial Soldat. Alltagsleben an der Dolomitenfront im Ersten Weltkrieg 1915–1917, Innsbruck 2007

 

Zitate:

„zu auffällig (…) zu aufwendig“: Brandauer, Isabelle: Menschenmaterial Soldat. Alltagsleben an der Dolomitenfront im Ersten Weltkrieg 1915–1917, Innsbruck 2007, 120

„Zusätzlich wurde Ende …“: Brandauer, Isabelle: Menschenmaterial Soldat. Alltagsleben an der Dolomitenfront im Ersten Weltkrieg 1915–1917, Innsbruck 2007, 120

„die bereits zu Friedenszeiten ...“: Brandauer, Isabelle: Menschenmaterial Soldat. Alltagsleben an der Dolomitenfront im Ersten Weltkrieg 1915–1917, Innsbruck 2007, 120

„Angesichts dieser Verknappung …“: Brandauer, Isabelle: Menschenmaterial Soldat. Alltagsleben an der Dolomitenfront im Ersten Weltkrieg 1915–1917, Innsbruck 2007, 120

„Felddampfwäschereien“: Brandauer, Isabelle: Menschenmaterial Soldat. Alltagsleben an der Dolomitenfront im Ersten Weltkrieg 1915–1917, Innsbruck 2007, 121

„Andererseits wurden durch die vorgesetzten Offiziere …“: Brandauer, Isabelle: Menschenmaterial Soldat. Alltagsleben an der Dolomitenfront im Ersten Weltkrieg 1915–1917, Innsbruck 2007, 123-124

 

Inhalte mit Bezug zu diesem Kapitel

Aspekt

  • Aspekt

    Der industrialisierte Krieg

    Der Erste Weltkrieg war ein Krieg des enormen Materialeinsatzes. Die Armeen mit ihren Massenheeren mussten ausgerüstet und versorgt werden. Die Materialschlachten wären ohne die großindustrielle Herstellung von Waffen und anderen kriegsnotwendigen Produkten unmöglich gewesen. Nur durch die gesamtgesellschaftliche Mobilisierung aller zur Verfügung stehenden Ressourcen konnte die riesige Kriegsmaschinerie aufrechterhalten werden.

Entwicklungen

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    Alltag an der (Heimat) Front

    Wie gestaltete sich der Alltag in der Heimat und an den Fronten während der Jahre 1914 bis 1918? Lässt sich der Alltag einer bürgerlichen Frau mit jenem einer Arbeiterin vergleichen? Machte ein Offizier dieselben Fronterfahrungen wie ein Mannschaftssoldat? Oder müssen wir nicht eher davon ausgehen, dass wir es mit einer immensen Fülle an Einzelerlebnissen und -erfahrungen zu tun haben, die den Kriegsalltag der Bevölkerung und der Soldaten an den Fronten prägten?