Peter Eigner

Kapitel

Umsturz der Werte: Das Nachkriegswien

Die alte Welt geriet immer mehr aus den Fugen. Der Zusammenbruch der Habsburgermonarchie und die Ausrufung der Republik stellten zwar eine eindeutige Zäsur dar, Kriegszeit und Nachkriegszeit zeigten aber auffällige Parallelen. Für die Wiener Bevölkerung war noch lange keine Erleichterung bzw. Verbesserung der Lebensumstände zu bemerken. Hinzugekommen war je nach Weltanschauung die Furcht vor bzw. die Hoffnung auf Revolution und Rätediktatur. Von Ende Oktober 1918 bis Juni 1919 war Wien Schauplatz blutiger Demonstrationen und Zusammenstöße.

Kapitel

Hilfe zur Selbsthilfe: Wilde Siedlerbewegung und Abholzung des Wienerwaldes

Mit Kriegsbeginn erlahmte die Wohnbautätigkeit vollends. Es war jedoch trotz vielfach katastrophaler Wohnverhältnisse weniger der Wohnungsmangel als vielmehr die akute Versorgungsnot, die zur Verbreitung von Kleingärten beitrug. Die spontane, von unten kommende und sich während des Krieges verbreiternde Siedlertätigkeit zielte vor allem auf die Eigenproduktion von Nahrungsmitteln.

Kapitel

Abschied von der „Welt von gestern“

Mit Fortdauer des Krieges verdichteten sich die Anzeichen, vor einer entscheidenden Wende zu stehen. Der anfängliche Hurrapatriotismus und die nationale Begeisterung waren einer Ernüchterung, oft Verbitterung gewichen. Es ist das Jahr 1916, das als entscheidender Wendepunkt in der Wahrnehmung des Krieges ausgemacht wird. Dies war auf die Zunahme der Versorgungsengpässe zurückzuführen wie auf wenig verheißungsvolle Nachrichten von der Front. Dazu starb mit Kaiser Franz Joseph I. der wichtigste Repräsentant der „Welt von gestern“.

Kapitel

Kriegswirtschaftszentrale Wien

Der Kriegsausbruch zog eine Umstellung der Wirtschaft auf den Krieg nach sich, die mehrere planwirtschaftliche Elemente und Züge einer Wirtschaftsdiktatur aufwies. Verbunden war dieser Prozess mit einer Militarisierung der Betriebe und Arbeitsverhältnisse. Bald machte sich ein Arbeitskräftemangel bemerkbar, der vor allem durch vermehrte Frauenarbeit kompensiert wurde. Dass man auf einen Krieg dieser Dauer und Intensität nicht vorbereitet war, zeigt nicht zuletzt ein Blick auf die katastrophale Versorgungssituation der Wiener Bevölkerung. Es mangelte an nahezu allem.

Kapitel

„Flüchtlingslager“ Wien

Der Krieg wurde in Wien zunehmend „unübersehbar“. Bereits kurz nach Kriegsbeginn strömten Tausende, darunter viele jüdische Flüchtlinge in die Stadt. Sowohl die Stadtverwaltung wie die Regierung erwiesen sich letztlich als ungenügend auf diese Situation vorbereitet. Und auch unter der Wiener Bevölkerung machten sich bald Neid, Aggression und verstärkter Antisemitismus bemerkbar.

Kapitel

Umbauen für den Krieg: Die Baracken- und Lazarettstadt Wien

Der Kriegsbeginn stellte für die dynamische Stadtentwicklung und die glanzvolle Baugeschichte Wiens eine Zäsur dar. Was gebaut wurde, diktierte der Krieg, sein unglücklicher Verlauf und seine ungenügende Vorbereitung und Organisation. Der stete Zustrom von Flüchtlingen und verletzten Soldaten erzwang den Umbau Wiens zu einer Baracken- und Lazarettstadt.

Kapitel

Der Krieg erobert die Stadt

Wien war während des Krieges weder mit direkten Kriegshandlungen noch mit Kriegszerstörungen konfrontiert. Die Stadt zeigte sich so zwar äußerlich wenig verändert, der Krieg hinterließ aber dennoch deutliche Spuren. Er eroberte den Alltag, Kriegspropaganda und patriotische Begeisterung den Stadtraum. Letztere schwächte sich jedoch mit Fortdauer des Krieges und der Versorgungsmisere bald deutlich ab.