Auf dem Weg zur Unabhängigkeit – Die Entstehung der Tschechoslowakei
Im Laufe des Ersten Weltkriegs war in der tschechischen Politszene ein Wandel weg von der bisherigen Passivität hin zu einem offensiveren Vorgehen im Kampf um eine staatliche Selbstständigkeit zu bemerken. Die drohende Zukunft in einem deutsch dominierten Mitteleuropa führte nun zu einer rasant abnehmenden Identifizierung mit den Kriegszielen Österreich-Ungarns.
Die nationale Unabhängigkeit sollte mit Unterstützung der Entente-Mächte erreicht werden. Bei der Verfolgung dieser Pläne profitierte man in Prag vom hohen sozio-ökonomischen Entwicklungsstand der tschechischen Nationalgesellschaft. Auch aus diesem Grund übernahmen die Tschechen eine Vorreiterrolle im Desintegrationsprozess der Habsburgermonarchie.
In Prag setze man die Erlangung der nationalen Freiheit mit der Überwindung des altösterreichischen Obrigkeitsstaates gleich, den es durch das Ideal einer modernen, demokratischen bzw. republikanischen und egalitären Gesellschaft auf nationaler Basis zu ersetzen galt. Diese Perspektive wurde in der Tschechoslowakei deutlich positiver wahrgenommen als in (Deutsch-)Österreich, wo der staatliche Neuanfang vom Gefühl der Niederlage und des Verlusts überschattet war.