Die Aufbringung der Kriegskosten

Die Kosten eines Krieges können nicht durch den 'normalen' Mechanismus der Finanzierung aufgebracht werden. Letzten Endes wird jeder Krieg  über eine Überbeanspruchung des Bruttonationalprodukts finanziert. Je schwächer die Wirtschaft eines Staates fundiert ist, desto größer ist die Belastung, die durch den Krieg hervorgerufen wird. 

Zum Unterschied von Deutschland wurde das österreichische Parlament zwischen dem Kriegsbeginn im August 1914 und dem Frühling 1917 nicht mehr einberufen. Es war daher keine Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaft zur Kriegsfinanzierung notwendig, und die Regierung hatte freie Hand bei der Wahl der Finanzierungsmethode.

Da man im Sommer 1914 von einer kurzen Kriegsdauer ausging, griff der österreichisch-ungarische Staat von Beginn an auf die durch die Sistierung der Bankakte möglich gewordene kurzfristige Verschuldung bei der Notenbank zurück. Anfangs erfolgte die Schuldenaufnahme durch Einschaltung eines Bankkonsortiums, das sich bei der Österreichisch-Ungarischen Bank (ÖUB) refinanzierte. Danach wandte sich die Staatsverwaltung direkt an die Zentralbank: Im Herbst 1914 und April 1915 wurden Wechsel hinterlegt, ab Sommer 1915 Schuldscheine, die mit 1 % per anno verzinst waren.

Der sprunghaft ansteigende Kriegsfinanzierungsbedarf wurde zuerst – mit Blick auf die angenommene kurze Kriegsdauer – ausschließlich über die Verschuldung bei der Notenbank gedeckt. Erst im November 1914 wurde eine erste Kriegsanleihe (Zeichnungsergebnis 2,2 Mrd. Kronen in Cisleithanien, 1,2  Mrd. in Ungarn) aufgelegt, der bis zum Kriegsende sieben weitere mit einem Zeichnungsergebnis (in Cisleithanien) von insgesamt 35 Mrd. Kronen folgten. In Ungarn wurden 17 Kriegsanleihen aufgelegt (Erlös 18 Mrd. Kronen).

Das am stärksten hervorstechende Merkmal der Kriegswirtschaft auf finanziellem Gebiet war das rasche Ansteigen der umlaufenden Geldmenge, die von 2,5 Mrd. Kronen (25. Juli 1914) auf 6,5 Mrd. (am 31. Dezember 1914) anwuchs, also um rund 4 Milliarden in 5 Monaten. Bis Juni 1917 war die Verschuldung bei der Notenbank auf 10 Mrd. Kronen angewachsen. Von diesem Zeitpunkt an stieg die Verschuldung des Staates immer stärker an. Ab März 1918 musste der Staat in jedem Monat auf die Notenbank zurückgreifen. Vom 20. März bis zum 14. Oktober 1918 nahm die Staatsverschuldung um insgesamt 10,5 Mrd. Kronen zu.

Es mag auf den ersten Blick überraschen, dass sich die innere Entwertung der Krone (bis Kriegsende um das 16fache!) nicht in einer ebenso massiven Abwertung gegenüber wertbeständigen ausländischen Währungen wie dem Schweizer Franken oder dem US-Dollar niederschlug. Der Grund dafür lag darin, dass der Geld- und Handelsverkehr mit dem Ausland bereits im August 1914 einer weitgehenden Kontrolle unterworfen wurde. Da diese nicht lückenlos funktionierte, nahm der Goldbestand der Österreichisch-Ungarischen Bank ständig ab. Er fiel von 1.055 Mio. Kronen zu Ende 1914 auf 684 Millionen Ende 1915. Am 31. Oktober 1918 war er auf 268 Mio. Kronen geschrumpft, während der Banknotenumlauf auf 31,5 Mrd. Kronen angestiegen war. Am Ende des Krieges war er nur noch zu weniger als einem Prozent durch Gold gedeckt.

Aufgrund der Devisenbewirtschaftung und wiederholter staatlicher Kreditaufnahmen im neutralen Ausland und im Deutschen Reich hielt sich die Devaluation der Krone gegenüber dem Ausland in verhältnismäßig engen Grenzen. Es kam also zu einer Entkoppelung zwischen dem inneren und dem äußeren Wert der Krone, ein Phänomen, das nach dem Ende des Krieges bis zum letzten Stadium der Hyperinflation im Jahr 1922 andauerte.

Bibliografie 

März, Eduard: Österreichische Bankpolitik in der Zeit der großen Wende 1913–1923, Wien 1981

Popovics, Alexander: Das Geldwesen im Kriege, Wien 1925

Inhalte mit Bezug zu diesem Kapitel

Aspekt

Personen, Objekte & Ereignisse

  • Ereignis

    Sistierung des österreichischen Reichsrates

    Das Parlament der österreichischen Reichshälfte wird auf unbestimmte Zeit vertagt und somit ausgeschaltet. Die Regierung herrscht mit Hilfes des "Notstandsparagrafen" und führt ein bürokratisch-autoritäres Regime ein.

Erinnerungen