Kriegsführung mittels Feldpost

Im Zeitalter der allgemeinen Wehrpflicht und der modernen Massenheere kam der Feldpost eine besondere Bedeutung zu. Die zunehmende Totalisierung der Kriegsführung verlangte ein hohes Ausmaß an sozialer Kontrolle und die umfassende geistige Mobilisierung der kriegsführenden Länder. Die privaten Korrespondenzen sollten dabei vor allem das mentale Befinden der Soldaten angesichts einer „modernen“ industrialisierten Kriegsführung an den Fronten fördern und unterstützen.
 

Diese wichtige Funktion der Feldpost wurde nicht nur in zahlreichen soldatischen Briefen und Tagebüchern sichtbar, sondern auch in militärischen Berichten und Darstellungen. Bereits im Laufe des 19. Jahrhunderts hatten die Militärs das ebenfalls erkannt – dem preußischen Generalfeldmarschall und Generalstabschef Graf Helmuth von Moltke, wird sogar der Ausspruch zugeschrieben: „Ohne Feldpost ist ein Krieg nicht zu führen“.

Im Jahr 1913 wurden in Österreich-Ungarn der Aufbau, die Organisation und die Tätigkeit des Feldpostwesens durch das Dienstbuch E-47 neu geregelt. Die k. u. k. Feldpost war nach diesem Regelwerk eine „gemeinsame Heereseinrichtung“, deren Aufgabe es war, alle dienstlichen wie privaten Sendungen („Briefe, Korrespondenzkarten, Drucksachen, Zeitungen, Warenproben, Pakete“) zwischen der Armee im Felde und der Heimat zu übermitteln.

Als die k. u. k. Feldpost unmittelbar nach Kriegsbeginn (Anfang August) ihre Arbeit aufnahm, waren 118 Feldpostämter mit 620 Bediensteten eingerichtet. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges und der Auflösung der österreichisch-ungarischen Feldpost stieg die Zahl der Feldpostämter auf 500, die der Etappenpostämter auf 200 an. Alles in allem waren Ende des Jahres 1918 rund 2.800 Bedienstete im österreichisch-ungarischen Feldpostdienst tätig.

Alle österreichisch-ungarischen Haupt-, Feld- und Etappenpostämter waren durch eine Feldpostnummer gekennzeichnet, die diesen beliebig zugeteilt worden war. Dies gewährleistete einerseits die Geheimhaltung des Aufenthalts und der Bewegungen der einzelnen Truppenverbände, erleichterte andererseits die Sortierung der immensen Masse an Sendungen. Die Nummern enthielten zugleich die wesentliche Adressangabe für die richtige und rasche Beförderung der Feldpostbriefe, -karten und -pakete an die Fronten. Dabei setzte sich die Anschrift der Soldaten aus ihrem Dienstgrad, dem Vor- und Zunamen, dem Truppenkörper und eben der Feldpostnummer des zuständigen Feldpostamtes zusammen.

Dieses System der Feldpostnummern wurde im Februar 1917 auch im Deutschen Reich übernommen, wo die Feldpostanstalten bis zu diesem Zeitpunkt nach den Truppenkommandos und Höheren Kommandos bezeichnet worden waren.

Die österreichisch-ungarischen Feldpostsendungen unterlagen seit Kriegsbeginn der in allen Sprachen der Monarchie operierenden Zensur. Die anfänglich durchgeführte Total-Zensur musste jedoch angesichts des immensen Postaufkommens bereits im Laufe des Jahres 1914 wieder aufgegeben werden. Ab 1915 wurden die Feldpostsendungen nur mehr stichprobenartig kontrolliert.

Bibliografie 

Clement, Alfred (Hrsg.): Handbuch der Feld- und Militärpost II. 1914-1918, Graz 1964

Hämmerle, Christa: „… wirf Ihnen alles hin und schau, dass Du fortkommst.“ Die Feldpost eines Paares in der Geschlechter(un)ordnung des Ersten Weltkriegs, in: Historische Anthropologie (1998), 6/3, 431-458

Höger, Paul: Das Post- und Telegraphenwesen im Weltkrieg, in: Gatterer, Joachim/Lukan, Walter (Red.): Studien und Dokumente zur österreichisch-ungarischen Feldpost im Ersten Weltkrieg, Bd. 1, Wien 1989, 23-54

Humburg, Martin: Das Gesicht des Krieges. Feldpostbriefe von Wehrmachtssoldaten aus der Sowjetunion 1941-1944, Wiesbaden 1998

Rebhan-Glück, Ines: „Wenn wir nur glücklich wieder beisammen wären …“ Der Krieg, der Frieden und die Liebe am Beispiel der Feldpostkorrespondenz von Mathilde und Ottokar Hanzel (1917/18), Unveröffentlichte Diplomarbeit, Wien 2010

Spann, Gustav: Zensur in Österreich während des Ersten Weltkrieges 1914-1918, Unveröffentlichte Dissertation, Universität Wien 1972

 

Zitate:

„Ohne Feldpost ist ein ...“: von Moltke, Helmut, zitiert nach: Höger, Paul: Das Post- und Telegraphenwesen im Weltkrieg, in: Gatterer, Joachim/Lukan, Walter (Red.): Studien und Dokumente zur österreichisch-ungarischen Feldpost im Ersten Weltkrieg, Bd. 1, Wien 1989, 40

„gemeinsame Heereseinrichtung“: zitiert nach: Clement, Alfred (Hrsg.): Handbuch der Feld- und Militärpost II. 1914-1918, Graz 1964, 336

„Briefe, Korrespondenzkarten, Drucksachen, Zeitungen, ...“: Auflistung, zitiert nach: Clement, Alfred (Hrsg.): Handbuch der Feld- und Militärpost II. 1914-1918, Graz 1964, 337

„Als die k. u. k. Feldpost ...“: Zahlenangaben, zitiert nach: Clement, Alfred (Hrsg.): Handbuch der Feld- und Militärpost II. 1914-1918, Graz 1964, 334

„Dies gewährleistete einerseits die Geheimhaltung …“: Clement, Alfred (Hrsg.): Handbuch der Feld- und Militärpost II. 1914-1918, Graz 1964, 344

„Dieses System der Feldpostnummern …“: Clement, Alfred (Hrsg.): Handbuch der Feld- und Militärpost II. 1914-1918, Graz 1964, 399

Inhalte mit Bezug zu diesem Kapitel

Aspekt

  • Aspekt

    „In Verbindung bleiben“

    Der Erste Weltkrieg trennte oft über mehrere Jahre hinweg tausende Familien voneinander. Umso wichtiger war es für jeden Einzelnen, den Kontakt zu den Lieben in der Ferne aufrecht zu erhalten. Viele bis dahin im Schreiben ungeübte Menschen griffen nun zu Bleistift oder Füllfeder und versuchten, schriftlich mit ihren abwesenden Familien, Freunden und Bekannten in Verbindung zu bleiben.

Personen, Objekte & Ereignisse

  • Objekt

    Überwachung & Kontrolle

    Der Alltag in der Habsburgermonarchie war von Propaganda, Überwachung und Kontrolle gekennzeichnet. Die vielen „weißen“ Flecken in den Tageszeitungen zeugen davon ebenso wie Eingriffe in private Briefe und Telegramme. Gleichzeitig wurde durch Bild, Text und Ton versucht, ein einheitliches und kriegsbejahendes Stimmungsbild zu verbreiten. Ausgeschlossen davon waren nicht einmal die jüngsten Bewohner des Reiches; auch die Schulen der Monarchie wurden zu Orten der staatlichen Einflussnahme.

Entwicklungen

  • Entwicklung

    Alltag an der (Heimat) Front

    Wie gestaltete sich der Alltag in der Heimat und an den Fronten während der Jahre 1914 bis 1918? Lässt sich der Alltag einer bürgerlichen Frau mit jenem einer Arbeiterin vergleichen? Machte ein Offizier dieselben Fronterfahrungen wie ein Mannschaftssoldat? Oder müssen wir nicht eher davon ausgehen, dass wir es mit einer immensen Fülle an Einzelerlebnissen und -erfahrungen zu tun haben, die den Kriegsalltag der Bevölkerung und der Soldaten an den Fronten prägten?