Monika Szczepaniak
„Neue Männerrasse“? – Männlichkeitsideologien im Nachkriegsösterreich
Im Nachkriegsösterreich wurde militärische Männlichkeit zu einer umkämpften Ressource. Nach dem Untergang der Donaumonarchie strömten die meisten Berufsoffiziere nach Wien, wo sie ihre überwiegend antirepublikanische Haltung demonstrierten und den Weiterbestand einer militärischen Formation anstrebten. Nach der Niederlage fühlten sie sich in ihrer Ehre gekränkt, zumal die Gesellschaft mit einer öffentlichen ‚Kastration‘ der Männlichkeit reagierte.
„Flucht ohne Ende“? – Heimkehr des Kriegers
1923 hat der österreichische Schriftsteller Joseph Roth die Voraussetzungen und Mechanismen der Restauration einer soldatischen Männlichkeit geschildert.
„Schwarze Verwesung“ – Soldaten als Opfer
In der österreichischen Literatur werden die verheerenden Wirkungen des Krieges auf einzelne Männer und auf die Kondition der militärischen Männlichkeit thematisiert. Die Schriftsteller setzen sich mit dem Antlitz des Krieges als eines gnadenlosen „Maschinisten“, der Männer niedermäht oder in Invaliden verwandelt, auseinander.
Uniformierte Melancholiker – Problematisierung von Männlichkeit
In Joseph Roths Roman Die Kapuzinergruft (1938) wird eine literarische Diagnose des oberflächlich-leichtsinnigen Profils der Soldaten aus der „Walzerstadt“ Wien formuliert: „Zu sehr verwöhnt waren sie in dem von den Kronländern der Monarchie unaufhörlich gespeisten Wien, harmlose, beinahe lächerlich harmlose Kinder der verzärtelten, viel zu oft besungenen Haupt- und Residenzstadt.“
Männlichkeiten – Hierarchien, Rivalitäten, Konkurrenzen
Das einzigartige multinationale Armeekonzept der Habsburgermonarchie, in der die verschiedenen Ethnien dem Kaiser und der Idee eines gemeinsamen „Vaterlandes“ verpflichtet waren, führte im Ersten Weltkrieg zu verschiedenen regional, konfessionell und sozial geprägten militärischen Männlichkeiten.
Der Krieg als „technoromantisches Abenteuer“
Karl Kraus hat die neuen Bedingungen für die Entfaltung heroischer Haltungen bzw. den Verlust der männlich-militärischen Attitüde im technisierten Krieg treffend umrissen. Er bezeichnet den Ersten Weltkrieg als ein „technoromantisches Abenteuer“, in dem sich die Tapferkeit mit der Technik eingelassen hat und die Auseinandersetzung der Muskelkräfte obsolet geworden ist.
„Eisfrontkämpfer“ – der Alpenkrieg als männliches Kräftemessen
In der österreichischen Erinnerungskultur der Nachkriegsjahre spielt der Alpenkrieg eine besondere Rolle. Die im Kampf gegen die Natur und den Feind „gestählten“ Männer erscheinen als „Märtyrerhelden“ und Vorbildfiguren im Prozess einer Sinnstiftung, die trotz der Niederlage den k. u. k. Soldaten heroische Züge, mythische Qualitäten und symbolisches Kapital zuschreibt. Die „Söhne der Alpen“ – Gebirgskrieger, Kaiserschützen, Tiroler Standschützen, die in der Stein- und Schneewelt der Alpenfront unbeschreiblichen Strapazen ausgesetzt wurden und sich bestens bewährt hatten, entsprachen ganz besonders dem Ideal der harten militärischen Männlichkeit.
Träumer, die zu Helden werden
Die österreichische Literatur zum Ersten Weltkrieg weist kriegsbejahende und heroisierende Töne auf, doch begegnet man in ihr immer wieder Verweisen auf die sinnesfreudige Untertanenkultur, die theatralische Verspieltheit, die österreichische Sanftmut und die musische Gesinnung der „Träumer“ aus dem „Volk der Tänzer und Geiger“, die zu Helden werden, „wenn es gilt“ (Anton Wildgans).