Was im Gedächtnis bleibt: Narrative und Erinnerungsorte
Der Erste Weltkrieg war der erste Medienkrieg der Geschichte. Propagandastellen ließen gezielt Fotos und Filme sowie Berichte und Reportagen anfertigen, um die Geschehnisse penibel und in ihrem Sinne zu dokumentieren. Gleichzeitig sind unzählige Briefe und Feldpostkarten „gewöhnlicher“ Leute aus der damaligen Zeit erhalten. Sie lagern in öffentlichen Archiven oder als Familienerinnerungen in privaten Haushalten. Im Diskurs und in den großen Erzählungen tauchen trotz der Vielzahl an verfügbaren Quellen jedoch immer wieder die gleichen Bilder, Ereignisse und Begrifflichkeiten auf: Es ist vom Epochenbruch die Rede, von der Tragödie, vom taumelnden Kontinent, vom Hineinschlittern in den Krieg, vom Pulverfass und vom Weltenbrand, der schließlich die alte Ordnung zerstörte. Alle diese Metaphern stehen für eine Schicksalshaftigkeit der Geschehnisse, die (beinahe) ohne Akteure auskommen.
Der Erste Weltkrieg wird meist im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg gesehen, als „Urkatastrophe“, der in die nächste, noch größere Katastrophe geführt hat. Damit war der Erste im historischen Gedächtnis sehr lange vom Zweiten Weltkrieg bzw. von den unfassbaren Verbrechen des Nationalsozialismus und dem Holocaust überlagert. In Österreich ergeben sich deshalb auch immer dort Konfliktlinien, wo Erinnerungsorte im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus stehen. Stellvertretend seien hier das Heldendenkmal an der Wiener Ringstraße und der „Siegfriedskopf“ in der Universität Wien genannt. Aber gleichzeitig sind die tausenden kleinen und größeren Kriegerdenkmäler ins Auge zu fassen, die an jene erinnern sollen, die während des Ersten (und Zweiten) Weltkriegs in Ausübung ihrer „Pflicht“ den „Heldentod“ starben. Sie sind zwar im Kontext ihrer Entstehungszeit zu bewerten, jedoch in ihrer Aussage kritisch zu hinterfragen.