Vom Volk zur Nation
Die Entwicklung des Konzeptes der Nation gilt als prägendes Phänomen der modernen Geschichte Europas. Dies gilt in ganz besonderem Maße für die Habsburgermonarchie, die von einer enormen Vielfalt von Sprachen und Ethnien geprägt war. Das enge und vielfach miteinander verwobene Zusammenleben verschiedener Sprachgruppen und Ethnien war zwar kulturell äußerst befruchtend, verkomplizierte jedoch die Nationsbildung.
Die einzelnen ethnischen Gruppen Zentraleuropas traten mit sehr verschiedenen Vorraussetzungen in das Zeitalter der Nationalismen ein. Die strukturellen Unterschiede zwischen den Völkerschaften der Donaumonarchie waren enorm. Die historische Entwicklung in den einzelnen Teilgebieten schuf eine Ungleichheit der Kräfte nicht nur in quantitativer Hinsicht – es standen zahlenmäßig größere Ethnien kleineren Sprachgruppen gegenüber –, sondern auch in Hinblick auf die soziale Schichtung und den Zugang zu politischen Mitsprachemöglichkeiten und nicht zuletzt in Bezug auf den kulturellen und ökonomischen Entwicklungsstand.