Hubert Weitensfelder
Die Ersatzmittel-Ausstellung im Prater 1918
Der Prater bot Unterhaltung, wurde aber auch zur Propagierung militärischer Ziele genutzt. In den letzten Kriegsmonaten fand hier eine Ausstellung über Ersatzmittel statt. Trotz gegenteiliger Intention vermittelte sie einen regen Eindruck davon, wie schwer die Bewältigung des Alltags inzwischen geworden war.
Von fern und nah: Harze und Harzprodukte
Die Habsburgermonarchie besaß umfangreiche Waldgebiete, aber nur wenige Baumarten wie die Schwarzkiefer eigneten sich zur wirtschaftlichen Gewinnung von Harz und seinen Produkten Kolophonium und Terpentinöl. Nach dem Wegfall ausländischer Produkte boten fossile Harze aus Steinkohlenteeren einen Ausweg.
Dehnbar und unersetzlich: Gummiwaren
Waren aus Gummi fanden breite Verwendung im Alltag sowie für technische und wissenschaftliche Zwecke. Nach dem Ausbleiben der Kautschuklieferungen aus den Kolonien anderer Mächte fand sich während des Ersten Weltkriegs kein geeigneter Ersatz. Man musste sich mit der Aufbereitung und Wiederverwertung von Altgummi begnügen.
Gut zu Fuß? Gerbemittel und Leder
Als schon bald nach Kriegsbeginn die Lieferungen stockten, wurde vielen die Bedeutung mancher unscheinbarer Rohstoffe aus fernen Ländern klar. Dazu zählten argentinisches tanninreiches Quebrachoholz für Gerbezwecke und das Wachs der brasilianischen Carnaubapalme, das für die Lederpflege Verwendung fand.
Prekäre Kleidung: Textilien und Papiergewebe
Binnen kürzester Zeit mussten zu Beginn des Ersten Weltkriegs Monturen für ganze Armeen bereitgestellt werden. Einheimische Textilfasern waren aber Mangelware. Zur Versorgung vor allem der Zivilbevölkerung wurden daher in großem Umfang Papiergewebe aus Holzzellulose auf der Basis heimischer Baumbestände erzeugt.
Geschütze statt Geläute: Metallsammlungen
Um während des Ersten Weltkriegs den Nachschub an Metallen zu sichern, wurde der Bergbau aktiviert. Außerdem wurden Gegenstände aus Metall gesammelt und für militärische Zwecke umgearbeitet. Einen höheren Bekanntheitsgrad erlangten dabei die „Patriotische Kriegsmetallsammlung“ und die Verwertung vieler Kirchenglocken.
Eherne Zeiten: Metalle
Bergbau und Metallerzeugung stellten wichtige Sektoren im Wirtschaftsleben dar. Für die Bedingungen eines „totalen“ und länger andauernden Krieges waren sie aber nur ungenügend gerüstet. Immer wieder mussten „Sparmetalle“ durch andere, reichlicher vorhandene ersetzt werden.
Zichorien, Torf & Textilit: Ersatzmittel vor dem Krieg
Ersatzmittel weisen eine lange Geschichte auf. Am bekanntesten sind wohl die vielen Spielarten des Ersatzkaffees. Im Verlauf der Industrialisierung wuchs die Zahl und Vielfalt der Surrogate. Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges erlangten sie einen neuartigen Stellenwert für die privaten Konsumenten wie für die Kriegswirtschaft.