Neben der Presse beschäftigte sich die Zensurgruppe im Kriegsüberwachungsamt auch mit Telegrammen. Dabei ging es im Wesentlichen um zwei Maßnahmen: „die Sperrung gewisser Telegrafenstationen“ (beispielsweise im weiteren Frontbereich) und „die Überwachung und Kontrolle aufgegebener Telegramme durch [sogenannte] Zensurkommissionen“. Letztere waren mit Kriegsausbruch in mehreren Städten der k. u. k. Monarchie (Wien, Krakau, Lemberg, Prag, Innsbruck, Graz, Triest und Zara) eingerichtet worden. Sie wurden militärisch geleitet, als Mitarbeiter waren Militär- und Telegrafenbeamte tätig.
Um die Zensur der Telegramme praktisch umsetzen zu können, arbeiteten die diversen Telegrafenämter mit den Telegrammzensurkommissionen zusammen. Erstere hatten die Aufgabe, die Identität des Telegramm-Absenders zu kontrollieren und ‚verdächtig‘ erscheinende sowie alle ins Ausland gehenden Telegramme an die Kommissionen weiterzuleiten. Der Hauptauftrag für die Telegrammzensurkommissionen war dann, die ins Ausland gerichteten, aber auch die aus dem Ausland eintreffenden Telegramme zu kontrollieren. Zu „inhibierende“ (anzuhaltende) Telegramme leitete man an das Kriegsüberwachungsamt weiter.
Die Bildzensur sollte vor allem eine zusätzliche und ergänzende Kontrollmaßnahme für die Pressezensur sein. Bilder, die in Zeitungen publiziert werden sollten, waren zuvor in der „zuständigen Pressezensurstelle beziehungsweise bei der Zensurgruppe des Kriegsüberwachungsamtes“ zensuriert worden. Für die Gruppe der Bildberichterstatter des Kriegspressequartiers wurden wiederum eigene Anweisungen und Bedingungen ausgegeben. Sie durften, so der Historiker Gustav Spann, nur den höheren Kommandos zugeordnet werden, um dann von dort für einen kurzen Zeitraum einem bestimmten Truppenkörper zugeteilt zu werden. Nachdem sie ihre Arbeit am Frontabschnitt erledigt hatten, mussten die Bildberichterstatter wieder an jenen Kommando-Standort zurückkehren, dem sie zuvor zugewiesen worden waren. Dort konnten sie ihre Filme entwickeln, wobei zu jedem Negativ detaillierte Angaben zu machen waren: der Ort und die Zeit der Fotografie, nähere Informationen zum Truppenkörper und ob die Fotografie gestellt war oder nicht.
Nach der Entwicklung der Negative „übte das zuständige Kommando [an Ort und Stelle] eine Vorzensur aus“. Zu zensierende Bilder wurden einbehalten und an das Kriegsarchiv weitergeleitet. Von dem übrig gebliebenen Bildmaterial gingen, so wiederum Gustav Spann, 30 % an die Heeresverwaltung. Über die restlichen 70 % konnte der betreffende Fotograf frei verfügen. Jedoch mussten diese Bilder noch ein zweites Mal vom Kriegspressequartier oder dem Kriegsüberwachungsamt kontrolliert werden. Erst danach waren sie zur Veröffentlichung freigegeben.
Die Filmzensur wurde vor dem Ersten Weltkrieg durch die Polizeidirektion Wien durchgeführt. Mit Ausbruch des Krieges richtete man zudem eine „Zensurstelle für militärische Filme“ ein – vor allem für jene Filme, die das Kriegspressequartier produzierte – deren Zensur durch das Kriegsarchiv erfolgte. Die Zensoren sollten in erster Linie darauf achten, dass in den betreffenden Filmen keine ‚unpatriotischen‘ Szenen vorkamen, keine größeren „Zerstörungen oder drastische Kriegsszenen beziehungsweise Folgen des Krieges“ (beispielsweise gefallene Soldaten) gezeigt wurden. Ebenso wenig sollten „feindliche Staatsmänner und Heeresführer“ filmisch in Szene gesetzt werden.
Mayer, Klaus: Die Organisation des Kriegspressequartiers beim k. u. k. AOK im Ersten Weltkrieg 1914-1918, Unveröffentlichte Dissertation, Universität Wien, Wien 1963
Spann, Gustav: Zensur in Österreich während des Ersten Weltkrieges 1914-1918, Unveröffentlichte Dissertation, Universität Wien 1972
Zitate:
„die Sperrung gewisser Telegrafenstationen“: zitiert nach: Spann, Gustav: Zensur in Österreich während des Ersten Weltkrieges 1914-1918, Unveröffentlichte Dissertation, Universität Wien 1972, 155
„die Überwachung und Kontrolle aufgegebener ...“: zitiert nach: Spann, Gustav: Zensur in Österreich während des Ersten Weltkrieges 1914-1918, Unveröffentlichte Dissertation, Universität Wien 1972, 155
„Erstere hatten die Aufgabe, die Identität ...“: Spann, Gustav: Zensur in Österreich während des Ersten Weltkrieges 1914-1918, Unveröffentlichte Dissertation, Universität Wien 1972, 157
„zuständigen Pressezensurstelle beziehungsweise ...“: zitiert nach: Spann, Gustav: Zensur in Österreich während des Ersten Weltkrieges 1914-1918, Unveröffentlichte Dissertation, Universität Wien 1972, 163
„Sie durften […] nur den höheren Kommandos …“: Spann, Gustav: Zensur in Österreich während des Ersten Weltkrieges 1914-1918, Unveröffentlichte Dissertation, Universität Wien 1972, 163
„der Ort und die Zeit der Fotografie …“: Spann, Gustav: Zensur in Österreich während des Ersten Weltkrieges 1914-1918, Unveröffentlichte Dissertation, Universität Wien 1972, 163
„übte das zuständige Kommando ...“: zitiert nach: Spann, Gustav: Zensur in Österreich während des Ersten Weltkrieges 1914-1918, Unveröffentlichte Dissertation, Universität Wien 1972, 163
„Von dem übrig gebliebenen Bildmaterial …“: Spann, Gustav: Zensur in Österreich während des Ersten Weltkrieges 1914-1918, Unveröffentlichte Dissertation, Universität Wien 1972, 164
„Über die restlichen 70 % …“: Spann, Gustav: Zensur in Österreich während des Ersten Weltkrieges 1914-1918, Unveröffentlichte Dissertation, Universität Wien 1972, 164
„Zensurstelle für militärische Filme“: zitiert nach: Spann, Gustav: Zensur in Österreich während des Ersten Weltkrieges 1914-1918, Unveröffentlichte Dissertation, Universität Wien 1972, 160
„Zerstörungen oder drastische Kriegsszenen ...“: zitiert nach: Spann, Gustav: Zensur in Österreich während des Ersten Weltkrieges 1914-1918, Unveröffentlichte Dissertation, Universität Wien 1972, 162
„‚feindliche‘ Staatsmänner und Heeresführer“: zitiert nach: Spann, Gustav: Zensur in Österreich während des Ersten Weltkrieges 1914-1918, Unveröffentlichte Dissertation, Universität Wien 1972, 162
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Kapitel
- „Kriegsabsolutismus“ – und die Aufhebung staatsbürgerlicher Rechte
- Das Kriegsüberwachungsamt und die Pressezensur
- Weiße Flecken, überall!
- Es wird alles zensiert!
- Überwachte Post – Die Briefzensur
- Zensur mit Tinte und Schere und das Auskundschaften von Nachrichtenmaterial
- „Hyperzensur“ und Stimmungsberichte
- Umgehung der Zensur und ‚Selbstzensur‘