Die Rolle der Dynastie
Im Selbstverständnis der Habsburgermonarchie spielte die Dynastie eine entscheidende Rolle, war die Existenz des Vielvölkerstaates doch ursächlich mit dem Haus Habsburg-Lothringen verbunden. Denn das Habsburgerreich war ein Produkt dynastischer Politik und wurde im Zeitalter der Nationalstaaten zunehmend als altertümliches Relikt gesehen.
Der alte Kaiser Franz Joseph fungierte als entrücktes Symbol der Beständigkeit, aber stand auch für Stagnation und Ermüdung. Der Reformbedarf war offensichtlich, und die Hoffnung auf einen Systemwechsel verband man vor allem mit der Figur des Thronfolgers.
Nach dem Tod Kronprinz Rudolfs musste die Thronfolge im Haus Habsburg neu geregelt werden. Familieninterne Spannungen kamen zutage – es war kein Geheimnis, dass das Verhältnis zwischen Kaiser Franz Joseph und seinem designierten Nachfolger Erzherzog Franz Ferdinand getrübt war.
Das Attentat von Sarajewo veränderte die Situation vollkommen. Der Erste Weltkrieg konfrontierte die Habsburgermonarchie mit neuen Problemen, denen die Dynastie und das Reich nicht mehr gewachsen waren.
Als Franz Joseph nach 68 Regierungsjahren 1916 starb, ging der Monarchie eine wichtige Identifikationsfigur verloren. Sein Nachfolger Karl, politisch unerfahren und überfordert, hatte dem beginnenden Zerfall wenig entgegenzusetzen.