Obwohl wie die meisten männlichen Habsburger im Militärdienst erzogen, gelangte Friedrich nur dank seiner hohen Geburt und nicht dank seiner Eignung auf die Position des Oberbefehlshabers. Der Erzherzog war ein Offizier für Friedenszeiten, für Paraden und Manöver, jedoch nicht für den Ernstfall.
Bei Ausbruch des Krieges trat Kaiser Franz Joseph aus Altersgründen die Funktion des Obersten Befehlshabers der österreichisch-ungarischen Armeen an Erzherzog Friedrich (1856–1936) aus der Teschener Linie der Habsburger ab.
Der Beweggrund dafür war, dass ein Mitglied des Erzhauses im Führungszirkel vertreten sein sollte. Da der nunmehrige Thronfolger Karl als zu jung für den Posten galt, griff man auf Friedrich zurück. Dieser war ein Enkel Erzherzog Karls, des Siegers von Aspern, und ein Neffe sowie Adoptivsohn und Erbe von Erzherzog Albrecht, der ‚grauen Eminenz’ der Dynastie. Friedrich erbte zwar den riesigen Besitz dieser Linie der Habsburger, der aus weitläufigen Latifundien und ertragreichen industriellen Unternehmen bestand und auch die Sammlung der Albertina umfasste – er war damit einer der reichsten Männer der Monarchie und verfügte über ein größeres Privatvermögen als der Kaiser. Was Friedrich aber nicht von seinen berühmten Vorfahren geerbt hatte, war das strategische Talent. Harmlos und von naiver Gutmütigkeit, verfügte er über keinerlei Ehrgeiz. Somit war gewährleistet, dass es zu keiner Konkurrenzsituation mit dem Chef des Generalstabs und eigentlichen militärischen Mastermind, Franz Conrad von Hötzendorf, kommen würde. Der auch als „k. u. k. Großpapa“ bezeichnete Erzherzog stand gänzlich unter dem Einfluss Conrads und begnügte sich mit dem äußeren Glanz des Ehrenpostens.
Friedrichs despektierlicher Spitzname „Erzherzog Bumbsti“ geht auf eine Episode zurück, als er bei der Vorführung eines Filmes zur Sprengwirkung eines österreichischen 30,5-cm-Mörsers die Aufnahme des Einschlagens des Geschosses mit einem lakonischen „Bumbsti!“ kommentierte. Von Karl Kraus in den „letzten Tagen der Menschheit“ unter diesem ironischen Spitznamen literarisch verewigt, wurde Friedrich so zum Symbol für die fehlende Kriegstauglichkeit der altösterreichischen Generalität, deren theoretische Kenntnisse in der Realität des Krieges als wirkungslos verpufften.
Das tragische Scheitern und die Schusseligkeit der senilen Führungsriege der k. u. k. Armee wird auch in der Schilderung einer Ansprache des Erzherzogs, die sein Generaladjutant überliefert hatte, offenbar: Obwohl Friedrich die Rede nur abzulesen hatte, und im Text die Pausen und Betonungen angestrichen waren, geriet die Rede zum Fiasko. Der Erzherzog hielt zunächst den Text verkehrt in der Hand, „und es verging eine Weile, bis er die erste Seite entdeckt hatte. (...) Dann begann er mit stockender Rede und mit gänzlich falscher Betonung die erste Seite herunter zu lesen. Das Umwenden derselben dauerte wieder eine Weile und das Ablesen der nächsten Seite ebenfalls, trotzdem die Buchstaben ½ cm groß waren. (...) Und so ging es weiter bis zum Schluss.“
Vom neuen Kaiser Karl wurde Erzherzog Friedrich schließlich im Februar 1917 von seiner Funktion abberufen, da der junge Monarch persönlich den Oberbefehl übernehmen wollte. Um die Härte des Generationenwechsels zu kaschieren, wurde Friedrich in altösterreichischer Manier mit etlichen Ehrentiteln und der Verleihung des Maria-Theresienordens von seinem Posten weggelobt.
Leidinger, Hannes/Moritz, Verena/Schippler, Bernd: Schwarzbuch der Habsburger. Die unrühmliche Geschichte eines Herrscherhauses (2. Auflage, ungekürzte Taschenbuchausgabe), Innsbruck [u.a.] 2010
Rauchensteiner, Manfried: Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie 1914–1918, Wien u. a. 2013
Zitat:
„und es verging eine Weile ...“, Hauptmann Wille, zitiert nach: Rauchensteiner, Manfried: Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie 1914–1918, Wien u. a. 2013, 670
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Kapitel
- Franz Joseph: Der alternde Kaiser
- Das Problem der Thronfolge
- Franz Joseph und Franz Ferdinand – ein gespanntes Verhältnis
- Franz Ferdinand und sein politisches Programm
- Kaiser Wilhelm II.: Der geliebte Feind
- „Erzherzog Bumbsti“
- Karl als Thronfolger
- Der neue Kaiser
- Karl I. und der Zerfall der Monarchie
- Die letzten Tage der Monarchie
- Kaiser Karl auf dem Weg ins Exil