Die slowenische nationale Politik war geprägt von einem Mehrfrontenkampf gegen deutsche und italienische Hegemonieansprüche. Nach Kriegsausbruch 1914 stellte sich die grundsätzliche Frage des Fortbestands als Nation. Der Jugoslawismus wurde zu einer politischen Option – in der Frage der realen Umsetzung waren sich die politischen Lager der Slowenen jedoch uneins.
Das slowenische Nationsbewusstsein entwickelte sich langsam und war lange Zeit von einer gemäßigten Nationalisierung der Massen gekennzeichnet. Die politische Landschaft war vergleichbar mit jener der übrigen österreichischen Alpenländer. Der Großteil der überwiegend ländlichen Bevölkerung war katholisch-konservativ eingestellt und galt als kaisertreu und loyal zur österreichischen Monarchie. Die slowenische Gesellschaft des 19. Jahrhunderts verfügte nur über eine dünne Schicht von Vertretern liberaler Ideen.
Im politischen Alltagsgeschäft dominierte die Politik der kleinen Schritte. Ein erster politischer Erfolg war, als die slowenischen Abgeordneten 1867 erstmals die Mehrheit im Krainer Landtag erreichen konnten. Generell agierte die slowenisch-nationale Politik loyal gegenüber der Wiener Regierung. Anders als z. B. die Tschechen boten die slowenischen Politiker ihre aktive Mitarbeit im Reichsrat an und versuchten dadurch Unterstützung im Bemühen um nationale Emanzipation der Slowenen in den gemischtsprachigen Gebieten gegen die Ansprüche der Deutschnationalen und der italienischen Irredentisten zu finden.
Die Grundhaltung der nationalen Führer bestand in der Betonung einer eigenständigen nationalslowenischen Identität mit dem Fernziel einer Föderalisierung der Monarchie. Die primäre Forderung war der Zusammenschluss der slowenischen Siedlungsgebiete zu einem eigenständigen Kronland, was eine Änderung der historischen Ländergrenzen bedeutet hätte und von den deutschsprachigen Mehrheiten in der Steiermark und Kärnten rundweg abgelehnt wurde. Das Verhältnis zwischen den beiden Sprachgruppen verschlechterte sich nach 1900 radikal: 1908 kam es zu ersten gewalttätigen Ausschreitungen in verschiedenen Städten, bei denen auch Todesopfer zu beklagen waren.
Ein weiterer Konfliktherd war Triest. Hier führte das rasante Anwachsen des slowenischsprachigen Bevölkerungselements in der Arbeiterschaft und im Kleinbürgertum aufgrund von Migration in die boomende Hafenstadt, die das einzige Zentrum der Industrialisierung in der ansonsten agrarisch geprägten Region darstellte, zu einer Verhärtung der Fronten. Die immer selbstbewussteren Forderungen der slowenischen Triestiner nach politischer Partizipation führten zu gewaltsamen Ausschreitungen mit den Verfechtern der Beibehaltung der Italianità der adriatischen Hafenstadt.
Immer stärker kristallisierte sich auch die Idee des Jugoslawismus als politische Option heraus, da man bald die Grenzen der Entfaltungsmöglichkeiten der zahlenmäßig schwachen slowenischen Nation erkennen musste. Wie und in welchem Ausmaß ein Zusammenschluss der südslawischen Ethnien jedoch in die Realität umgesetzt werden sollte, darüber herrschte unter den Slowenen Uneinigkeit. Die katholisch-konservative Richtung unterstützte die Idee einer engeren Kooperation mit den Kroaten, denen man sich kulturell und konfessionell am nächsten fühlte. Liberale Gruppierungen gaben einer Annäherung an Serbien den Vorzug. Hier war ein Echo der Entwicklung Serbiens zu einer regionalen Macht auf dem Westbalkan zu erkennen. Die pro-serbische Haltung verstärkte sich während der Balkankrise 1912/13, als Serbien in der slowenischen Öffentlichkeit als moralischer Sieger gesehen wurde. Dennoch blieben radikalere Gruppierungen, die einen entschieden anti-österreichischen Standpunkt einnahmen, zunächst noch eine extremistische Minderheit.
Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges herrschte angesichts der harten behördlichen Maßnahmen gegen nationalistische Agitatoren zunächst Resignation. Mit dem Kriegseintritt Italiens 1915 wurden slowenische Siedlungsgebiete in der Isonzo-Region Schauplatz von Kampfhandlungen. Angesichts der wenig erfreulichen Perspektive einer Existenz als eine in ihrem Bestand bedrohten Ethnie in einem entweder deutsch dominierten Mitteleuropa (im Falle eines Sieges der Mittelmächte) oder in einem sich auf beide Seiten der Adria ausdehnenden italienischen Großreich (im Falle der Durchsetzung italienischer Ansprüche) wurde eine Zukunft im Rahmen eines südslawischen Staates in der slowenischen Öffentlichkeit zunehmend als eine verlockende Option wahrgenommen.
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