Die Erfindung des Luftkrieges und der Hype um die „Flieger-Asse“ als motivierende Kriegspropaganda

Erst im Laufe des Ersten Weltkrieges bildeten sich spezifische Flugzeugtypen für bestimmte Einsatzbereiche des Luftkrieges heraus. Im kollektiven Gedächtnis blieben insbesondere die Jagdflieger und die Kämpfe der „Flieger-Asse“, die auch für heroisierende Kriegspropaganda instrumentalisiert wurden.

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges verfügten die beteiligten Mächte noch nicht über ausdifferenzierte, feststehende Konzeptionen für den Luftkrieg und hatten noch keine genauen Vorstellungen von den Einsatzmöglichkeiten der Luftwaffe. In den nunmehr Krieg führenden Staaten waren um das Jahr 1910 erste Einheiten für den Luftkrieg mit Flugzeugen entstanden; Formationen für den Einsatz von Ballons und Luftschiffen gab es schon etwas länger. Zu ersten Kriegseinsätzen von Flugzeugen war es 1911 im Italienisch-Türkischen Krieg in Nordafrika gekommen. Ab 1914 entwickelten sich Flugzeugtechnik, taktische/strategische Konzepte und organisatorische Strukturen der Luftstreitkräfte rasch weiter, wobei man sich in allen Bereichen noch in einem „Learning by doing“-Prozess befand. Im Wesentlichen bildeten sich dabei folgende Einsatzbereiche für Kriegsflugzeuge heraus: Aufklärung, Artillerie-Feuerleitung, Luftkampf zwischen Jagdflugzeugen, Einsatz von Kampfflugzeugen zur Unterstützung der Bodentruppen und Bombardements.

Am plausibelsten war den Militärs von Beginn an der Nutzen des Flugzeugs für die Aufklärung. Bereits während der ersten großen Schlachten an der West- und Ostfront zeigte sich der Stellenwert verlässlicher Luftaufklärung für die Kriegsführung. Zweisitzige Flugzeuge, wie sie für Aufklärungszwecke eingesetzt wurden, waren auch für die Artillerie-Feuerleitung geeignet, wobei sie im Laufe des Kriegs mit Funkgeräten ausgestattet wurden. Überdies konnten sie als Kampfflugzeuge die eigenen Bodentruppen unterstützen, indem sie die gegnerische Infanterie mit Bord-MGs, Handgranaten, kleinen Bomben etc. bekämpften. Für strategische Bombardements im feindlichen Hinterland setzte insbesondere Deutschland anfänglich vor allem Luftschiffe ein, im Laufe des Krieges wurden zwei- und mehrmotorige Groß- und Riesenflugzeuge entwickelt.

Am stärksten in der kollektiven Erinnerung an den Ersten Weltkrieg sind die Kämpfe der Jagdflieger verankert. Als erster Jagdflieger gilt der Franzose Roland Garros, der ein eingebautes, vorwärtsfeuerndes Maschinengewehr verwendete. Die Deutschen übernahmen dieses Flugzeug-Konzept in Form der Fokker E I, die als erstes Kriegsflugzeug mit einer zuverlässigen Synchronisation des Bord-MG mit dem Propeller ausgestattet war, sodass der Pilot nach vorne schießen konnte, ohne die Luftschraube zu beschädigen. Mit Fokker-Modellen gewannen die deutschen Luftstreitkräfte von August 1915 bis ins Jahr 1916 hinein eine Luftüberlegenheit an der Westfront. Von da an setzten ein Innovationswettlauf und Wettrüsten zwischen den Kriegsgegnern um das kampfstärkste Jagdflugzeug ein, der abwechselnd vom Deutschen Reich und der Entente angeführt wurde. Die Kämpfe der Jagdflieger wurden auch für propagandistische Zwecke instrumentalisiert. Die sogenannten „Flieger-Asse“ wurden als ritterliche Helden dargestellt, die im Kampf Mann gegen Mann für ihre Seite eintraten. Dieses Bild wurde später noch durch einschlägige Memoirenliteratur verstärkt.

Bibliografie 

Morrow Jr., John H.: The Great War in the Air. Military Aviation from 1909 to 1921, Washington/London 1993

Schmidt, Wolfgang: Luftkrieg, in: Hirschfeld, Gerhard et al. (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg, Paderborn 2003, 687-689

Inhalte mit Bezug zu diesem Kapitel

Aspekt

  • Aspekt

    Der industrialisierte Krieg

    Der Erste Weltkrieg war ein Krieg des enormen Materialeinsatzes. Die Armeen mit ihren Massenheeren mussten ausgerüstet und versorgt werden. Die Materialschlachten wären ohne die großindustrielle Herstellung von Waffen und anderen kriegsnotwendigen Produkten unmöglich gewesen. Nur durch die gesamtgesellschaftliche Mobilisierung aller zur Verfügung stehenden Ressourcen konnte die riesige Kriegsmaschinerie aufrechterhalten werden.

Personen, Objekte & Ereignisse

  • Objekt

    Überwachung & Kontrolle

    Der Alltag in der Habsburgermonarchie war von Propaganda, Überwachung und Kontrolle gekennzeichnet. Die vielen „weißen“ Flecken in den Tageszeitungen zeugen davon ebenso wie Eingriffe in private Briefe und Telegramme. Gleichzeitig wurde durch Bild, Text und Ton versucht, ein einheitliches und kriegsbejahendes Stimmungsbild zu verbreiten. Ausgeschlossen davon waren nicht einmal die jüngsten Bewohner des Reiches; auch die Schulen der Monarchie wurden zu Orten der staatlichen Einflussnahme.