Das Wiener Rathaus im Ersten Weltkrieg

Die viereinhalb Jahre Krieg zwischen 1914 und 1918 verwandelten Wien. Der triste Hungeralltag seiner Einwohner machte die einst glanzvolle Metropole eines Großreiches, in der der Kaiser eines Imperiums von 53 Millionen Einwohnern residierte, zur „sterbenden Stadt“. Der Zermürbungs- und Erschöpfungskrieg und die Mobilisierung aller Kräfte und Ressourcen für die Front setzten der Stadt Stück für Stück zu. Galoppierende Inflation, Unterernährung, die Abschneidung von Importen, die Priorisierung der Waffenindustrie und das dem Krieg untergeordnete Transportwesen schnürten das normale Leben immer mehr ein. Wien befand sich am Ende des Krieges in einer Art Ausnahmezustand. Streiks und Revolutionsbereitschaft resultierten aus der Verzweiflung über die Versorgungssituation. Nach dem Zerfall der Monarchie blieb das hungrige Wien zwar Hauptstadt, aber eines neuen Staates und unter gänzlich anderen Umständen. Bürgermeister und Gemeindeverwaltung versuchten 1914 die Bevölkerung auf Patriotismus und Mobilisierung einzuschwören, mussten kurze Zeit später aber Tod, Not, urbanen Niedergang und politische Polarisierung moderieren. Immerhin erreichten sie trotz revolutionärer Umbrüche Kontinuität in Politik und Verwaltung.